Art. 13ter

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Wenigstens 1 500 Landesbürgern steht das Recht zu, gegen den Landesfürsten einen begründeten Misstrauensantrag einzubringen. Über diesen hat der Landtag in der nächsten Sitzung eine Empfehlung abzugeben und eine Volksabstimmung (Art. 66 Abs. 6) anzuordnen. Wird bei der Volksabstimmung der Misstrauensantrag angenommen, dann ist er dem Landesfürsten zur Behandlung nach dem Hausgesetz mitzuteilen. Die gemäss dem Hausgesetz getroffene Entscheidung wird dem Landtag durch den Landesfürsten innerhalb von sechs Monaten bekannt gegeben.

Not less than 1,500 Liechtenstein citizens shall have the right to submit a reasoned motion of no-confidence against the Reigning Prince. Parliament shall issue a recommendation on such a motion at its next meeting and order a popular vote (article 66 paragraph 6). If the motion of no-confidence is adopted in the popular vote, it shall be communicated to the Reigning Prince for consideration according to the Law on the Princely House. Within six months, the Reigning Prince shall announce to Parliament the decision made in accordance with the Law on the Princely House.

Autor: Peter Bussjäger. Zuletzt bearbeitet: 31. August 2015
Zitiervorschlag: Bussjäger, Peter, Art. 13ter LV, Stand: 31. August 2015, in: Liechtenstein-Institut (Hrsg.): Online-Kommentar zur liechtensteinischen Verfassung, https://verfassung.li/Art._13ter

Entstehung und Materialien

Verfassungsvorschlag des Fürstenhauses vom 2. Februar 2000 (rote Broschüre), Art. 112 Abs. 1

Verfassungsvorschlag des Fürstenhauses vom 1. März 2001 (grüne Broschüre), Art. 112 Abs. 1

Initiative des Fürstenhauses 2. August 2002, Art. 13ter

LGBl. 2003 Nr. 186

Literatur

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Batliner, Gerard/Kley, Andreas/Wille, Herbert, Memorandum zur Frage der Vereinbarkeit des Entwurfes zur Abänderung der Verfassung des Fürstentums Liechtenstein gemäss der am 2. August 2002 bei der Regierung angemeldeten „Volksinitiative“ des Landesfürsten und des Erbprinzen mit den Regeln und Standards des Europarates und der EMRK, Manuskript, Eschen/Bern/Balzers, 19. August 2002 (abrufbar unter: http://www.demokratiebewegung.li/dokumente/verfassungsdiskussion/Memorandum-EMRKStatut.pdf/view)

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I. Allgemeine Bemerkungen und Entstehungsgeschichte

Art. 13ter LV ist Resultat der Verfassungsrevision 2003. Die Idee der Einführung eines Misstrauensantrags (damals gekoppelt mit einem darauf folgenden Verfahren zur Abschaffung der Monarchie) war von Landesfürst Hans-Adam II. allerdings bereits 1993 propagiert worden.[1] Im damaligen Verfassungsvorschlag des Landesfürsten war der Misstrauensantrag gegen den Fürsten ebenfalls als Art. 13ter vorgesehen.[2] Um eine von massgebenden politischen Kräften in Liechtenstein geäusserte Forderung oder eine in der öffentlichen Diskussion aufgeworfene Frage handelte es sich beim Instrument des Misstrauensantrags allerdings nicht.

Freilich sollte auch nach den damaligen Vorstellungen das letzte Wort im Falle eines vom Volk angenommenen Misstrauensantrags das Fürstenhaus haben.[3] Im Hausgesetz vom 26. Oktober 1993 wurde mit Art. 16 über den Misstrauensantrag eine die spätere verfassungsrechtliche Regelung ausführende Bestimmung gleichsam vorweggenommen.[4] Die Regelung beanspruchte allerdings solange keine unmittelbare Anwendbarkeit, als der „nach der Verfassung zulässige Misstrauensantrag“, auf den sie sich bezog, in der Verfassung eben noch nicht verankert war.[5]

Während die Regelung über den Misstrauensantrag gegen den Landesfürsten in den ersten Verfassungsvorschlägen des Fürstenhauses[6] jeweils einem neuen Art. 112 LV, in dem auch die Abschaffung der Erbmonarchie geregelt werden sollte,[7] zugeordnet war, bildete sie in der Initiative des Fürstenhauses vom 2. August 2002, welche in der Volksabstimmung vom 16. März 2003 angenommen wurde, den neuen Art. 13ter LV.

Den Erläuterungen zum ursprünglich geplanten Art. 112 LV ist zu entnehmen, dass die Regelung über den Misstrauensantrag gegen den Landesfürsten es ermöglichen soll, im Fall eines „unüberbrückbaren Konfliktes zwischen Volk und Fürst“ auch eine weniger radikale Massnahme als die Abschaffung der Erbmonarchie zu wählen und „die Institution der Erbmonarchie von der Person des Fürsten zu trennen.“[8]

II. Der Misstrauensantrag gegen den Landesfürsten

A. Staatspolitische Bedeutung

Ein Misstrauensantrag des Volkes gegen das Staatsoberhaupt ist nicht nur in Erbmonarchien einzigartig,[9] sondern auch in parlamentarischen Regierungssystemen, in welchen die Regierung vom Vertrauen des Parlaments und nicht des Volkes abhängig ist.[10] In der parlamentarischen Monarchie ist ein Misstrauensantrag gleich von welchem Organ systemwidrig, da es an einer persönlichen Politikbefugnis des Monarchen fehlt.[11]

In Liechtenstein, wo der Landesfürst expliziter Träger von Staatsgewalt ist (Art. 2 LV) und über wichtige politische Befugnisse verfügt, welche er auch ausübt (z.B. das Sanktionsrecht von Gesetzen gemäss Art. 9 LV), wurde der Institution eines Misstrauensantrags attestiert, das demokratische Element grundsätzlich zu stärken.[12] Die konkrete Ausprägung der Regelung, die keine Vermittlung in diesem Konflikt vorsieht und die Letztentscheidung den stimmberechtigten Mitgliedern des Fürstlichen Hauses überlässt, verunmögliche dies jedoch.[13]

Eine Staatspraxis gibt es zu dieser Bestimmung noch keine. Es wurde bisher weder ein Misstrauensantrag eingebracht noch in der Öffentlichkeit zur Unterstützung eines solchen aufgerufen.

Die rechtliche Unverbindlichkeit des Instruments darf nicht darüber hinweg täuschen, dass ein Misstrauensantrag wohl zu einer politischen Spaltung des Landes führen würde, sofern sich der Fürst durch sein bisheriges Verhalten nicht bereits völlig delegitimiert hätte. Gerade die Auseinandersetzung im Vorfeld des Referendums wäre für einen monarchischen Staat besonders problematisch, da die Einigungskraft der Monarchie in Frage gestellt wäre bzw. bestehende Konfliktlagen auf die Spitze getrieben würden.[14] Es ist nämlich durchaus unsicher, ob im Konfliktfall – so führen es aber die Materialien aus – die Diskussion auf die Person beschränkt bliebe und nicht die Monarchie als solche betreffen würde.

Unter diesen staatspolitischen Erwägungen wurde die Einführung des Misstrauensantrages gegenüber dem Landesfürsten von der Lehre überwiegend kritisch beurteilt. Kritisiert wurde insbesondere die fehlende Verbindlichkeit[15] (über den Misstrauensantrag entscheiden die stimmberechtigten Mitglieder der Fürstlichen Familie, siehe dazu die Ausführungen unter III.D.). Ein Verfahren, in dem nach Abstimmung aller Wahlberechtigten der Landesfürst die Möglichkeit habe, dennoch im Amt zu bleiben, widerspreche dem Art. 2 LV und seiner Verankerung der demokratischen und parlamentarischen Grundlage der Erbmonarchie.[16]

Kritisiert wurde auch die mangelnde Anonymität der geforderten 1.500 Unterstützungen des Misstrauensantrags, die sich zwar von anderen Initiativen nicht grundsätzlich unterscheidet, aber bei einer ad personam gerichteten Initiative besonders problematisch ist.[17] Auch der Umstand, dass die Tatsache der Nichteinbringung eines Misstrauensantrags in der Praxis vom Landesfürsten dazu benutzt werden kann, sich auf eine bestehende Legitimation durch das Volk zu berufen, wurde kritisch betrachtet.[18]

Dem steht gegenüber, dass das Instrument tatsächlich in Konfliktfällen eine Art „Notbremse“ sein kann. Ein massiv unterstütztes Misstrauensvotum würde wohl die Mitglieder des Fürstlichen Hauses veranlassen, im Interesse der Rettung der Erbmonarchie auf Absetzung oder zumindest Verwarnung[19] des Landesfürsten zu entscheiden. Eine andere Vorgangsweise würde vermutlich in eine Initiative zur Abschaffung der Monarchie (Art. 113 LV) münden. Gerade darin ist aber auch eine Schwäche zu sehen, da ein Verfahren zur Vermittlung konfligierender Standpunkte nämlich nicht stattfindet.[20]

Insgesamt ist daher der Misstrauensantrag als ein Instrument zu qualifizieren, das dem Volk in einer krisenhaften Situation die Möglichkeit gibt, seine Ablehnung gegenüber dem Landesfürsten zu artikulieren. Die staatspolitischen Probleme, die die Bestimmung aufwirft, sind allerdings unübersehbar.

B. Begründung des Misstrauensantrags

Die Verfassung fordert einen begründeten Misstrauensantrag.[21] Welchen Anforderungen die Begründung genügen muss, geht aus der Verfassung nicht hervor. Die Verfassung selbst fordert eine „Begründung“ für die Initiative des Volkes sonst nur in Art. 48 Abs. 2 LV, wo die Einberufung der Landtages u.a. an das begründete schriftliche Verlangen von wenigstens 1.000 wahlberechtigten Landesbürgern geknüpft ist.[22]

Man wird an die Begründung keine allzu hohen Anforderungen stellen dürfen, es muss aber jedenfalls aus dem Text hervorgehen, aus welchen Gründen die Initianten dem Landesfürsten das Misstrauen aussprechen. Ob die Begründung auf korrekten Annahmen beruht, ob sie dem Landesfürsten zu Recht oder Unrecht ein bestimmtes Verhalten unterstellt, ist rechtlich irrelevant und nicht justiziabel: Es reicht, dass der Misstrauensantrag erkennen lässt, weshalb die Initianten dem Landesfürsten misstrauen. Inwieweit die Mehrheit des Volkes deren Auffassung teilt, bleibt – falls die Initiative ausreichend Unterstützung findet und zur Abstimmung gelangt – dem Ergebnis der Abstimmung, überlassen.

Dem Landesfürsten wiederum bleibt es anheimgestellt, ob und in welcher Weise er sich zur Initiative äussert. Da der Misstrauensantrag zwangsläufig gegen ihn persönlich gerichtet ist, wird man ihm zubilligen müssen, der vorgebrachten Kritik aus seiner Sicht entgegen zu treten. Er wird also von der vom Staatsgerichtshof vertretenen Auffassung, der Landesfürst müsse in seiner Amtsausübung, gerade vor Urnengängen, eine zurückhaltende Position einzunehmen, abgehen dürfen.[23]

III. Verfahren

A. Die Volksinitiative

Mit dem Verweis auf Art. 66 Abs. 6 LV wird angeordnet, dass sich das über den Misstrauensantrag einzuhaltende Verfahren nach den Regeln bestimmt, die für eine Gesetzesinitiative gelten, die vom Landtag abgelehnt wurde. Dies bedeutet, dass auf das Verfahren zur Einbringung und Behandlung des Misstrauensantrags die Bestimmungen des VRG über die Gesetzesinitiative zur Anwendung gelangen (Art. 80 ff. VRG).[24]

Demnach ist der Misstrauensantrag gemäss Art. 80 Abs. 4 lit. a VRG bei der Regierung anzumelden. Im Falle eines formellen Mangels, etwa vonseiten der Initianten oder bei Fehlen einer Begründung, hätte die Regierung den Misstrauensantrag zurückzuweisen.[25]

Die erforderlichen 1.500 Unterschriften von „Landesbürgern“ sind innerhalb einer Frist von sechs Wochen (vgl. Art. 80 Abs. 4 lit. b i.V.m. Art. 70 lit. b VRG) der Regierung zu Handen des Landtags vorzulegen.[26]

Mit dem Begriff „Landesbürger“ sind die „Landesangehörigen“ (Art. 29 LV) gemeint, die Träger der staatsbürgerlichen Rechte sind.[27] Dies bedeutet, dass nur jene Personen einen Misstrauensantrag unterstützen dürfen, die über die liechtensteinische Staatsbürgerschaft verfügen.[28] Die Formulierung des Art. 13ter LV enthält weder ein Alterslimit noch eine Beschränkung auf Personen, die ihren Wohnsitz in Liechtenstein haben. Es kann indessen kein Zweifel bestehen, dass die Bestimmung an die allgemeine Regel des Art. 29 Abs. 2 LV anknüpft, wonach in Landesangelegenheiten die politischen Rechte allen Landesangehörigen zustehen, die das 18. Lebensjahr vollendet, im Lande ordentlichen Wohnsitz haben und nicht im Wahl- und Stimmrecht eingestellt sind.

B. Die Rolle des Landtags

Art. 13ter LV erfordert im Weiteren, dass der Landtag in der nächsten Sitzung (nach Einbringung des Misstrauensantrags bei der Regierung zu Handen des Landtags) eine Empfehlung abzugeben und die Volksabstimmung anzuordnen hat. Dieses Verfahren unterscheidet sich insoweit vom sonstigen, für Volksinitiativen geltenden Verfahren, als dem Landtag keine Entscheidungsbefugnis zukommt.[29] Er hat lediglich den Misstrauensantrag zu behandeln und eine Empfehlung abzugeben.

Der Landtag kann in dieser Äusserung den Misstrauensantrag unterstützen oder ablehnen und die für den jeweiligen Standpunkt sprechenden Gründe vorbringen. Hinsichtlich des Inhalts ist der Landtag somit völlig frei. Der Landtag darf sich jedoch nach dem Wortlaut der Verfassung („…hat der Landtag […] eine Empfehlung abzugeben“) der Positionierung nicht entziehen, sondern muss sich äussern. Die Verwendung des Begriffs „Empfehlung“ führt weiters zum Schluss, dass sich der Landtag dahingehend äussern muss, ob die Stimmberechtigten nach seiner Auffassung den Misstrauensantrag unterstützen oder ablehnen sollen.

C. Volksabstimmung

In sinngemässer Anwendung des Art. 72 Abs. 1 VRG hat die Regierung spätestens innerhalb von 14 Tagen nach der Abgabe der Empfehlung des Landtages die Volksabstimmung anzuordnen, die innerhalb von drei Monaten durchzuführen ist.[30] In sinngemässer Anwendung des Art. 83 Abs. 1 VRG wird die Fragestellung zu lauten haben: „Wollt ihr den Misstrauensantrag annehmen?“

Die Ermittlung des Abstimmungsergebnisses hat nach Massgabe des Art. 84 VRG zu erfolgen.

D. Die Behandlung nach dem Hausgesetz

1. Einlangen des Misstrauensantrags

Wird bei der Volksabstimmung der Misstrauensantrag angenommen, so ist er (der Misstrauensantrag) dem Landesfürsten zur Behandlung nach dem Hausgesetz[31] mitzuteilen (Art. 13ter dritter Satz LV). Diese Aufgabe kommt der Regierung zu.

Eine andere Rechtsfolge ergibt sich vorerst nicht. Das Recht auf Ausübung der Staatsoberhauptsfunktionen des Landesfürsten endet nicht mit der Annahme des Misstrauensantrags durch das Volk.[32] Hingegen erlischt gemäss Art. 80 Abs. 1 LV für die Regierung die Befugnis zur Ausübung des Amtes, wenn sie das Vertrauen des Landesfürsten oder des Landtages verliert. Der Landesfürst kann bis zur Entscheidung der stimmberechtigten Mitglieder des Fürstlichen Hauses seine Funktionen ungehindert ausüben.

2. Einleitung des Verfahrens

Der mit einem vom Volk angenommenen Misstrauensantrag konfrontierte Landesfürst hat nun das weitere Verfahren einzuleiten, denn er ist der Vorsitzende des nach Art. 16 Abs. 1 lit. a Hausgesetz entscheidungsberechtigten Organs, der stimmberechtigten (also männlichen) Mitglieder des Fürstlichen Hauses (vgl. Art. 9 Abs. 5 Hausgesetz).[33] An dieser Vorsitzendeneigenschaft ändert auch nichts, dass der Landesfürst ein Verfahren in eigener Sache führen muss. Der Landesfürst ist, wie sich aus Art. 9 Abs. 6 Hausgesetz ergibt („Bei Abstimmungen, welche die Person oder die persönliche Rechtssphäre eines Familienmitgliedes unmittelbar betreffen, ist dieses Familienmitglied von der Ausübung des Stimmrechtes ausgeschlossen. Dies gilt auch für den Fürsten unbeschadet seiner Vorsitzendeneigenschaft“), lediglich von der Ausübung des Stimmrechts ausgeschlossen.

Das Hausgesetz bietet hinsichtlich des weiteren Verfahrens gemäss Art. 16 Abs. 1 bemerkenswerterweise zwei Varianten an, nämlich eine Erledigung nach Art. 14 (sinngemässe Anwendung der Bestimmungen über disziplinäre Massnahmen gegen den Fürsten) oder Art. 15 (Amtsenthebung und Entmündigung des Fürsten).[34]

Die stimmberechtigten Mitglieder des Fürstlichen Hauses werden das Verfahren nach Art. 14 zu wählen haben, wenn das Volk dem Landesfürsten das Misstrauen auf Grund eines Verhaltens ausgesprochen hat, das nicht mit einem schweren körperlichen oder seelischen Leiden In Verbindung steht. Das Verfahren gemäss Art. 15 gelangt hingegen zur Anwendung, wenn das Misstrauen auf Grund eines körperlichen oder seelischen Leiden des Landesfürsten ausgesprochen wurde.

Welches Verfahren gewählt wird, hängt nicht zuletzt vom Landesfürsten selbst als Vorsitzendem der stimmberechtigten Mitglieder des Fürstlichen Hauses ab.[35] Ob und wie die übrigen Angehörigen des Organs ihre Meinung gegebenenfalls gegen jene des Fürsten artikulieren und auch durchsetzen können, lässt das Hausgesetz offen. Man wird davon ausgehen müssen, dass die stimmberechtigten Mitglieder des Fürstlichen Hauses auch verfahrensleitende Entscheidungen[36] treffen können (mit der erforderlichen absoluten Mehrheit gemäss Art. 9 Abs. 5 Hausgesetz).[37]

Dass dies zu einer geradezu paradoxen Situation führen kann, indem der Fürst ein Verfahren führt, in dem es um die Frage geht, ob er auf Grund eines schweren körperlichen oder seelischen Leidens unfähig ist, seine Funktionen auszuüben, liegt auf der Hand.

Im Verfahren nach Art. 15 Hausgesetz wäre es in dem Fall, dass der Fürst das gegen ihn gerichtete Verfahren durch Inaktivität hemmt, möglich, durch Bestellung eines Regenten oder Stellvertreters gemäss Art. 15 Abs. 3 Hausgesetz Abhilfe zu schaffen. Der Regent bzw. Stellvertreter hätte dann an Stelle des Fürsten das Verfahren zu leiten. Im Verfahren unter sinngemässer Anwendung des Art. 14 Hausgesetz besteht eine derartige Möglichkeit hingegen nicht. Dies bedeutet, dass in diesem Fall der Fürst durch blosse Inaktivität das Verstreichen der Entscheidungsfrist gemäss Art. 16 Abs. 1 lit. b Hausgesetz herbeiführen könnte. Dies würde die Ablehnung des Misstrauensantrags bedeuten.

Auch wenn beide Verfahren letztlich in der Entscheidung münden, ob der Landesfürst seines Amtes enthoben wird oder nicht, so ist die Vorgehensweise doch eine unterschiedliche:

Bei sinngemässer Anwendung der Regelungen über das Disziplinarverfahren (Art. 14 i.V.m. Art. 8 Abs. 2 Hausgesetz) ist dem Fürsten zunächst Gelegenheit zu geben, sich schriftlich zu den ihm zur Last gelegten Vorwürfen zu äussern. Dies kann auf den Misstrauensantrag umgelegt nur bedeuten, dass er sich zu den Gründen, die im Misstrauensantrag angeführt sind, äussern darf. Der Fürst kann demnach auch, soweit erforderlich, die Amtshilfe der Regierung und die Rechtshilfe des Gerichtes in Anspruch nehmen.[38]

Wird hingegen das Verfahren in sinngemässer Anwendung des Art. 15 Abs. 1 Hausgesetz durchgeführt, so hätten die Mitglieder des Fürstlichen Hauses (dem Familienrat käme gemäss Art. 16 Abs. 1 lit. a Hausgesetz ein Antragsrecht zu, das er binnen zwei Monaten bei sonstigem Verlust auszuüben hat)[39] gemäss Art. 15 Abs. 1 den Fürsten „nach sorgfältiger Klärung des Sachverhaltes“ zum Thronverzicht aufzufordern. Der Landesfürst hätte jedoch die Möglichkeit, sich innerhalb angemessener Frist zu äussern, es sei denn, der Versuch einer Kontaktnahme mit dem Fürsten erschiene von vornherein als aussichtslos (Art. 15 Abs. 2 Hausgesetz).

3. Entscheidung über den Misstrauensantrag

Im Anschluss auf diese oder gegebenenfalls weitere Anhörungen gemäss Art. 14 oder 15 Hausgesetz hätten die Mitglieder des Fürstlichen Hauses innerhalb von sechs Monaten eine Entscheidung über die Absetzung zu treffen. Bei Fristüberschreitung gilt der Misstrauensantrag ohne Weiteres als abgelehnt (Art. 16 Abs. 1 lit. b) Hausgesetz).

Im Sinne des Art. 9 Abs. 5 Hausgesetz hat die Annahme eines Antrags, der gegen den Fürsten gerichtet ist, mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der stimmberechtigten Mitglieder des Fürstenhauses zu erfolgen. Nach dieser Bestimmung erfolgt die Abstimmung ausserdem in der Regel auf der Grundlage einer den Stimmberechtigten gegebenen Sachverhaltsdarstellung samt Fragekatalog auf schriftlichem Weg mittels Stimmzetteln geheim und im Zirkularweg. Dazu ist allerdings festzuhalten, dass gerade eine Abstimmung im Zirkularweg die Geheimhaltung des Abstimmungsvorgangs nicht gewährleisten kann. Das Hausgesetz lässt die nähere Form wie die Abstimmung im Zirkularweg erfolgen soll, im Übrigen offen. Die Formulierung, dass die Abstimmung schriftlich mit Stimmzetteln erfolgen soll, würde eine Entscheidung im Rahmen einer Sitzung, Telefon- oder Skypekonferenz jedenfalls ausschliessen. Die Formulierung „in der Regel“ eröffnet allerdings Spielraum für eine Abweichung im Einzelfall, ohne dass klar ist, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Ausmass von diesen Grundsätzen abgewichen werden darf. Man wird wohl davon ausgehen müssen, dass eine solche Abweichung nur bei Vorliegen sachlicher Gründe erfolgen darf.

Stimmenthaltungen sind entsprechend Art. 9 Abs. 5 Hausgesetz zulässig, die Bestimmung wird aber so zu interpretieren sein, dass der Antrag jedenfalls einer Zustimmung von zwei Dritteln der insgesamt Stimmberechtigten[40] bedarf, sodass die Stimmenthaltung de facto eine Ablehnung des Antrags bedeutet. Der Umstand, dass die Entscheidung von den stimmberechtigten Mitgliedern des Fürstenhauses zu treffen ist, hat zur Konsequenz, dass mitunter auch Personen stimmberechtigt sein können, die nicht nur keinen Wohnsitz in Liechtenstein besitzen, sondern auch zum Fürsten wenig persönlichen Kontakt haben.

Art. 9 Abs. 5 Hausgesetz wirft ausserdem die Frage auf, über welchen Antrag überhaupt abgestimmt wird. Der Wortlaut „Misstrauensantrag gegen den Fürsten“ (Art. 16 Hausgesetz) lässt darauf schliessen, dass es eben der Misstrauensantrag ist, über den abgestimmt wird und nicht etwa der Antrag eines stimmberechtigten Mitgliedes des Fürstlichen Hauses, den Misstrauensantrag abzulehnen (der dann konsequenterweise ebenfalls einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmberechtigten bedürfte, was wiederum zumindest bis zur Fristverstreichung von sechs Monaten zu einer Situation führen könnte, in welcher es keine Entscheidung gibt).

Die Fragestellung hätte im Fall des Vorgehens nach Art. 14 Hausgesetz wohl zu lauten: „Soll eine disziplinäre Massnahme gegen den Fürsten ergriffen werden? Wenn ja, Verwarnung oder Absetzung? Wird nach Art. 15 Hausgesetz vorgegangen, müsste die Frage gestellt werden, ob eine Amtsenthebung infolge eines schweren körperlichen oder seelischen Leidens erfolgen soll.

Über den Zeitpunkt, wann der Fristenlauf beginnt, trifft das Hausgesetz keine Aussage, es ist wohl anzunehmen, dass dieser mit dem Einlangen der in Art. 13ter dritter Satz LV vorgesehenen Mitteilung beginnt. Die Frist von sechs Monaten ist gemäss Art. 16 Abs. 1 lit. b) Hausgesetz nur gewahrt, wenn auch die Verständigung über die getroffene Entscheidung innerhalb bei dem nach der Verfassung berufenen Organ, das ist gemäss Art. 13ter dritter Satz LV der Landtag, einlangt.

In staatsorganisatorischer Hinsicht ist festzuhalten, dass auf Grund der Verweisung des Art. 13ter LV auf das Hausgesetz das zuständige Entscheidungsorgan, das sind die stimmberechtigten Mitglieder des Fürstlichen Hauses, zu einem quasi-Verfassungsorgan wird.[41] Auf die Problematik, die sich daraus ergibt, dass die Mitglieder des Fürstlichen Hauses nicht alle namentlich bekannt sind[42] und dass somit der Landtag keine Gewissheit hat, wer die ihm mitgeteilte Entscheidung getroffen hat und ob sie rechtmässig zustande gekommen ist, ist hinzuweisen.[43]

4. Mitteilung der getroffenen Entscheidung oder sonstigen Erledigung

Die getroffene Entscheidung oder sonstige Erledigung ist mit der erforderlichen Begründung dem nach der Verfassung berufenen Organ des liechtensteinischen Volkes ungesäumt zur Kenntnis zu bringen (Art. 16 Abs. 2 Hausgesetz). Das nach der Verfassung berufene Organ des liechtensteinischen Volkes ist der Landtag (Art. 13ter letzter Satz LV). Eine „sonstige Erledigung“ würde wohl dann vorliegen, wenn die stimmberechtigten Mitglieder des Fürstlichen Hauses die Entscheidungsfrist versäumt hätten und deshalb der Misstrauensantrag als abgelehnt gelten würde. Denkbar wäre aber auch, dass der Fürst von sich aus auf den Thron verzichten würde, sodass die Fortsetzung des Verfahrens obsolet würde.

Das Ausmass der „erforderlichen Begründung“ der Entscheidung oder sonstigen Erledigung, die im Übrigen nicht in der Verfassung, sondern lediglich im Hausgesetz verankert ist, wird stark von der Konstellation des Falles abhängen und ist nicht justiziabel.

IV. Rechtsfolgen einer Absetzung des Landesfürsten

Entscheiden die stimmberechtigten Mitglieder des Fürstlichen Hauses, dem Misstrauensantrag nicht zu entsprechen, sei es durch ausdrückliche Entscheidung oder durch Verstreichenlassen der Frist gemäss Art. 16 Abs. 1 lit. b Hausgesetz, verbleibt der Landesfürst in seinem Amt. Ein neuerlicher Misstrauensantrag könnte allerdings jeder Zeit eingebracht werden.

Wird auf die Amtsenthebung entschieden, so gelangen die Thronfolgeregelungen zur Anwendung (Art. 12 Hausgesetz). Allerdings bestimmt Art. 17 Abs. 2 Hausgesetz, dass im Falle einer Absetzung (Art. 14) oder Amtsenthebung (Art. 15) des Fürsten, welche ja bei der Entscheidung über einen Misstrauensantrag als Alternativen zur Verfügung stehen, die Rechte und Pflichten bis zum Eintritt der Thronfolge von einem Regenten auszuüben wären. Die Regentschaft würde solange dauern, bis der Erbprinz die Erklärung gemäss Art. 13 LV abgibt, was freilich im Falle seiner Minderjährigkeit eine beträchtliche Zeitspanne bedeuten könnte.

Wird auf eine Verwarnung entschieden (Art. 14 Abs. 2 lit. c Hausgesetz), kann der Landesfürst seine Hoheitsrechte weiterhin ohne Beeinträchtigung ausüben. Er wird jedoch das gerügte Verhalten entsprechend zu ändern haben.

Die Entscheidung ist nicht reversibel. Nach der Thronfolgeordnung des Hausgesetzes ist es auch ausgeschlossen, dass der einmal abgesetzte Fürst in irgendeiner Weise nochmals Thronfolger werden könnte.

Eine vom Hausgesetz nicht geklärte Frage ist, welche Rechtsfolgen damit verbunden sind, wenn das Verfahren nach dem Hausgesetz mangelhaft war, sei es, dass an sich stimmberechtigte Mitglieder nicht beigezogen wurden oder umgekehrt, nicht stimmberechtigte Mitglieder mitentschieden haben oder die Abstimmung mit schweren Mängeln behaftet war.

Man wird davon auszugehen haben, dass eine unter Ausserachtlassung des Hausgesetzes und elementarer Prinzipien eines solchen Verfahrens erfolgte Absetzung oder Amtsenthebung des Landesfürsten mangels einer gerichtlichen Überprüfungskompetenz des Vorganges eine absolute Nichtigkeit des Aktes bewirkt. Dies bedeutet, dass ein solcherart fehlerhaft abgesetzter Landesfürst weiterhin im Amt bliebe und der Erbprinz keine berechtigten Ansprüche auf den Thron geltend machen könnte, ebenso wenig, wie er verfassungskonform Hoheitsakte setzen könnte. Dass mit einer solchen Situation eine ernsthafte Staatskrise verbunden wäre, liegt auf der Hand und unterstreicht die Problematik des bestehenden Regelungskomplexes von Art. 13ter LV und den einschlägigen Bestimmungen des Hausgesetzes.

Fussnoten

  1. So in der Thronrede vom 12. Mai 1993, vgl. Weber, Gegenzeichnungsrecht, S. 269; siehe auch Liechtensteiner Vaterland, 13. Mai 1993, S. 1.
  2. Der Text ist wiedergegeben bei Batliner, Aktuelle Fragen, S. 93.
  3. Der Text ist wiedergegeben bei Batliner, Aktuelle Fragen, S. 93.
  4. Winkler, Verfassungsrecht, S. 77, bezeichnet das verfassungsrechtlich verankerte Misstrauensvotum als ein „nachrangiges, suppletorisches, systemkonformes Mittel zur Abstellung eines Fehlverhaltens des Fürsten als Staatsoberhaupt“. Kritikwürdig ist allerdings, dass das Hausgesetz entsprechende Regelungen enthielt, bevor die Verfassung erst überhaupt die Grundlage schuf (vgl. Kieber, Regierung, S. 322, Fn. 13).
  5. Vgl. Weber, Gegenzeichnungsrecht, S. 269. Aus diesem Grund wird man, im Gegensatz zu Kieber, Regierung, S. 322, Fn. 13, in Art. 16 Hausgesetz zum Zeitpunkt seiner Erlassung auch keine Verfassungsverletzung erblicken können, weil auch das Hausgesetz davon ausging, dass die verfassungsrechtliche Grundlage erst noch geschaffen werden musste und die Bestimmung erst ab diesem Zeitpunkt anwendbar sein würde.
  6. Rote und grüne Broschüre.
  7. Heute Art. 113 LV.
  8. Rote Broschüre, S. 41; grüne Broschüre, S. 43. In der Initiative des Fürstenhauses vom 2. August 2002 wird die Bestimmung zwar detailliert erläutert, eine Begründung für die Einführung des Instruments jedoch nicht gegeben.
  9. Siehe Gamper, Konstitutionalismus, S. 277; Winkler, Verfassungsreform, 309. Dem steht nicht entgegen, dass das Volk bereits vor der Verfassungsrevision 2003 im Rahmen seiner freien Meinungsäusserung, gegebenenfalls auch in Form einer Petition, die Möglichkeit gehabt hätte, in bestimmten demokratischen Formen sein Misstrauen gegenüber dem Landesfürsten zum Ausdruck zu bringen, wie Winkler, Verfassungsrecht, S. 77, ausführt. Allerdings handelt es sich in Art. 13ter LV um ein formalisiertes Instrument, das genau auf eine solche Misstrauensbekundung ausgerichtet ist.
  10. Pállinger, Monarchien, S. 8. Allerdings kann in Liechtenstein auch das Volk gemäss Art. 48 Abs. 3 LV im Rahmen einer Volksabstimmung den Landtag auflösen, was im Ergebnis nicht nur zu einer Neuwahl des Landtages, sondern auch zu einer Neubestellung der Regierung führt.
  11. Pállinger, Monarchien, S. 8. Demgegenüber bezeichnet Winkler, Verfassungsrecht, S. 77, das Misstrauensvotum aufgrund der Tatsache, dass es bereits im Hausgesetz 1993 vorgesehen war und des Umstandes, dass das Volk ja stets seine Meinung zum Ausdruck bringen konnte, als systemkonform, was wohl nicht der Fall ist.
  12. Der BuA Nr. 87/2001, S. 14 ff., sprach davon, dass die Bestimmung geeignet sei, das demokratische Prinzip der Verfassung von Liechtenstein zu verstärken; vgl. auch Stotter, Verfassung, S. 24. Zutreffend ist, dass es sich beim Misstrauensantrag um ein plebiszitäres Element handelt.
  13. Pállinger, Monarchien, S. 9. In diesem Sinne wohl auch Funk, Rechtsgutachten, S. 37; Rhinow, Rechtsgutachten, S. 84. Demgegenüber sieht Winkler, Verfassungsrecht, S. 78, in dieser Bestimmung eine Bestätigung des demokratisch-parlamentarischen Charakters der Verfassung. Siehe auch Wille, Staatsordnung, S. 317 f.
  14. Das Gefahrenpotential der Bestimmung betont auch Rhinow, Rechtsgutachten, S. 88.
  15. Gamper, Konstitutionalismus, S. 278, verweist darauf, dass der Begriff Volksabstimmung nicht dem üblichen rechtswissenschaftlichen oder rechtsvergleichend feststellbaren Begriffsbild entspreche, wonach eine Volksabstimmung im Ergebnis absolut verbindlich und nicht von Zustimmungsakten eines anderen Organs abhängig sei. Zu diesem zutreffenden Einwand ist zu bemerken, dass aufgrund des Sanktionsrechtes des Landesfürsten (Art. 9 LV) in Liechtenstein auch vom Volk in einer Abstimmung angenommene Gesetze der nachfolgenden Sanktion des Landesfürsten bedürfen. Eine Ausnahme bildet lediglich die Abschaffung der Monarchie im Verfahren gemäss Art. 113 LV sowie die Volkswahl von Richtern gemäss Art. 96 Abs. 2 LV. Siehe auch Schiess Rütimann, Verantwortung, S. 835. Siehe auch Pállinger, Monarchien, S. 9. Indessen würde auch eine rechtliche Verbindlichkeit nichts an der Problematik ändern, dass dieses plebiszitäre Element in der vorliegenden Form zu einer deutlich stärkeren Polarisierung führen würde, als dies bei anderen Volksabstimmungen der Fall ist. Immerhin geht es um nichts weniger als das Staatsoberhaupt. Siehe auch Pállinger, Monarchien, S. 9.
  16. Frowein, Rechtsgutachten, S. 24. Ähnlich Rhinow, Rechtsgutachten, S. 86 f.
  17. Rhinow, Rechtsgutachten, S. 85; Batliner, Verfassungsänderungsvorschläge, S 18; Wille Staatsordnung, S. 315.
  18. Batliner, Verfassungsänderungsvorschläge, S. 19.
  19. Gemäss Art. 14 Abs. 2 lit. c Hausgesetz stehen als disziplinäre Massnahmen gegen den Fürsten lediglich die Verwarnung oder die Absetzung zur Verfügung.
  20. Pállinger, Monarchien, S. 9.
  21. Siehe auch Wille, Staatsordnung, S. 316.
  22. Da es keine Praxis zu dieser Bestimmung gibt, lässt sich auch kein Vergleich ziehen (siehe auch Beck, Reformbedarf, S. 93).
  23. Vgl. StGH 1993/8, Erw. 2.1 (= LES 1993, 91 [97]): „Dem Landesfürsten ist zwar, entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers, die verfassungsimmanente Befugnis nicht abzusprechen, sich auch im Hinblick auf einen grundlegenden Urnengang richtungweisend an die Stimmbürger zu wenden. Er hat dies aber, was den Inhalt, Zeitpunkt und Stil seiner Stellungnahme betrifft, mit der gebotenen Zurückhaltung zu tun. Die mangelnde demokratische Legitimität und Verantwortlichkeit und die mit seiner Stellung verbundene Aufgabe, Staat und Bürgerschaft als ganze (sic!) zu repräsentieren, symbolkräftig zu integrieren sowie das Staats- und Gesellschaftsgefüge als solches zu stabilisieren, gebieten ihm, sich aus der unmittelbar konkreten politischen Auseinandersetzung herauszuhalten.“
  24. In ihren Rechtswirkungen ist die Initiative indessen eher mit einer Petition vergleichbar (Wille, Staatsordnung, S. 317 f.).
  25. Vgl. Batliner, Volksrechte, S. 151.
  26. Vgl. Batliner, Volksrechte, S. 155.
  27. Vgl. auch Art. 48 Abs. 3 LV, Art. 64 Abs. 1 lit. c LV, Art. 64 Abs. 2 und 4 LV, Art. 66 Abs. 1, 2 und 6 LV, Art. 66bis Abs. 1 LV und Art. 96 Abs. 2 LV.
  28. Vgl. Batliner, Volksrechte, S. 71, zur Verknüpfung von Wahl- und Stimmrecht mit der Staatsangehörigkeit.
  29. Es hat demnach weder eine Vorprüfung durch die Regierung i.S. des Art. 70b Abs. 1 VRG stattzufinden im Hinblick auf die Übereinstimmung mit der Verfassung und bestehenden Staatsverträgen noch eine Entscheidung des Landtages gemäss Art. 70b Abs. 2 VRG, wonach die Initiative mit der Verfassung und bestehenden Staatsverträgen nicht übereinstimmt. Eine solche Vorprüfung bzw. Entscheidung ergäbe bei einem Misstrauensantrag auch keinen Sinn.
  30. Vgl. Batliner, Volksrechte, S. 182 f.
  31. Siehe zum Hausgesetz Bussjäger, Kommentar zu Art. 3 LV.
  32. Schiess Rütimann, Verantwortung, S. 835.
  33. Wille, Staatsordnung, S. 314 f.
  34. Siehe auch Wille, Staatsordnung, S. 315.
  35. Anzumerken ist, dass der Familienrat einem drohenden Misstrauensantrag gegen den Fürsten dadurch begegnen könnte, dass er von sich aus disziplinäre Massnahmen gegen den Fürsten auf der Grundlage von Art. 14 Hausgesetz und nach Durchführung des entsprechenden Verfahrens ins Auge fasst. Zu solchen Massnahmen ist der Familienrat gemäss Art. 14 Abs. 1 nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, wenn der Fürst durch sein Verhalten dem Ansehen, der Ehre oder der Wohlfahrt des Fürstlichen Hauses oder des Fürstentums Liechtenstein schadet.
  36. Darunter wird man etwa die Einholung von Gutachten oder die Beschlussfassung über die Vernehmung von Zeugen verstehen können.
  37. Man wird wohl nicht davon ausgehen können, dass eine solche verfahrensleitende Entscheidung eine „Massnahme gegen den Fürsten“ ist, welche einer Mehrheit von zwei Dritteln bedürfen würde, vgl. Art. 9 Abs. 5 Hausgesetz. Zur Berechnung des erforderlichen Stimmenquorums siehe Ausführungen zu 3.
  38. Hinsichtlich der Rechtshilfe des Gerichtes stellt sich in dessen die Frage, auf welcher Rechtsgrundlage ein Gericht „Rechtshilfe“ leisten könnte. Das Hausgesetz, das in diesem Bereich abseits der Ermächtigung nach Art. 3 LV agiert, stellt eine solche Rechtsgrundlage jedenfalls nicht dar.
  39. Wille, Staatsordnung, S. 316.
  40. Nach dieser Bestimmung erfolgt die Abstimmung geheim und im Zirkularweg.
  41. Siehe dazu auch Marxer, Hausgesetz, S. 54 ff.
  42. Siehe Marxer, Hausgesetz, S. 59 f.
  43. Siehe auch Bussjäger, Kommentar zu Art. 3 LV.

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