Art. 11

Der Landesfürst ernennt die Richter unter Beobachtung der Bestimmungen der Verfassung (Art. 96).

The Reigning Prince shall appoint the Judges in accordance with the provisions of the Constitution (article 96).


Autor: Peter Bussjäger. Zuletzt bearbeitet: 2. September 2015
Liechtenstein-Institut (Hrsg.): Kommentar zur liechtensteinischen Verfassung. Online-Kom­mentar, Bendern 2016, verfassung.li

Inhaltsverzeichnis

Entstehung und Materialien

KonV § 27

RV § 11

VK, S. 1

LGBl. 1921 Nr. 15

Verfassungsvorschlag des Fürstenhauses vom 2. Februar 2000 (rote Broschüre), Art. 11

Verfassungsvorschlag des Fürstenhauses vom 1. März 2001 (grüne Broschüre), Art. 11

Initiative des Fürstenhauses vom 2. August 2002, Art. 11

LGBl. 2003 Nr. 186

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I. Allgemeine Bemerkungen und Entstehungsgeschichte

Der Regelungsinhalt des Art. 11 LV hat in der Verfassungsgeschichte Liechtensteins zahlreiche Metamorphosen erfahren: § 27 KonV bestimmte, dass die in der Hand des Fürsten liegende Regierungsgewalt nach Massgabe der Bestimmungen dieser Verfassung durch verantwortliche Staatsdiener ausgeübt wird, welche der Landesfürst ernennt. Eine Ernennung der Bediensteten des Staates durch den Landesfürsten hatte auch § 37 des Verfassungsentwurfes des Verfassungsrates 1848 vorgesehen, wenngleich dieses damals fortschrittliche Dokument[1] noch verankert hätte, dass der Fürst lediglich in der Auswahl des Landesverwesers frei gewesen wäre, die übrigen Staatsbeamten aber aus dem Vorschlag des Landrates hätte auswählen müssen. § 11 der Regierungsvorlage Peer enthielt 1921 die Formulierung, dass der Landesfürst unter Beobachtung der Bestimmungen dieser Verfassung die Staatsdiener, also nicht nur die Richter, ernennt. Die Verfassungskommission des Landtages änderte § 11 dahingehend ab, dass die Bestimmung zu lauten hatte:

Der Landesfürst ernennt unter Beobachtung der Bestimmungen dieser Verfassung die Staatsangestellten. Neue ständige Beamtenstellen dürfen nur mit Zustimmung des Landtages geschaffen werden.

Eine Begründung für diese Änderung ist im Bericht der Verfassungskommission nicht angeführt. In der Landtagssitzung vom 24. August 1921 wurde der Begriff „Staatsangestellten“ durch „Staatsbeamten“ ersetzt.[2] Die Änderungen gegenüber der Regierungsvorlage bezogen sich somit im Wesentlichen darauf, dass der veraltete Begriff „Staatsdiener“ letztlich durch „Staatsbeamte“ ersetzt wurde und vor allem, dass dem Landtag die Hoheit über die Zahl der beim Staat eingerichteten Beamtenstellen eingeräumt wurde. Mit diesem Inhalt wurde § 11 zu Art. 11 der Verfassung von 1921, welcher bis zur Verfassungsrevision 2003 unverändert blieb. Die verschiedenen Vorschläge des Fürstenhauses zu Art. 11 LV im Vorfeld der Verfassungsrevision 2003 (grüne und rote Broschüre) sahen ursprünglich vor, in Art. 11 LV nicht nur Bestimmungen über die Ernennung der Richter durch den Landesfürsten aufzunehmen,[3] sondern auch Regelungen über das Verfahren der Richterauswahl[4] und eine allgemeine Bestimmung, wonach der Landesfürst das Recht und die Unabhängigkeit der Richter schützt sowie die Urteilsausfertigungen im Namen von Fürst und Volk ergehen.[5]Keine Erwähnung mehr fanden die anderen öffentlichen Bediensteten. Die Materialien[6] begründeten diese Änderung wie folgt: „Bei der stark gewachsenen Zahl der Staatsbeamten ist eine Ernennung durch den Fürsten nicht mehr zweckmässig. Die Gefahr ist gross, dass entweder die Beamtenernennung durch den Fürsten ein rein formaler Akt ohne Bedeutung wird oder der Regierung die Kontrolle über den Beamtenapparat entgleitet. Es würde wohl dem Geist unserer Verfassung widersprechen, wenn der Fürst in der Praxis über den Beamtenapparat die laufenden Geschäfte führt.“ Die Neuregelung des Verfahrens der Richterauswahl[7] wurde mit dem Bestreben nach einer Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz begründet, wobei insbesondere auf die sogenannten Staatsgerichtshofkrise,[8] die 1989 zur Auflösung des Landtages führte, Bezug genommen wurde.[9]Der Verfassungsvorschlag des Fürstenhauses vom 2. August 2002 enthielt schliesslich Art. 11 LV in der heutigen Fassung, wobei diese Bestimmung nicht weiter kommentiert wurde. Nähere Ausführungen finden sich lediglich zu den Neuerungen in der Gerichtsbarkeit (Art. 95 ff. LV).[10]Der gesamte Komplex der Neuregelungen in der Gerichtsbarkeit, sowohl in organisatorischer Hinsicht als auch hinsichtlich der Bestellung der Richter, zählte zu den umstrittensten Inhalten der Verfassungsrevision 2003. Darauf wird in den folgenden Ausführungen (II.) noch näher eingegangen. Zuvor sei jedoch noch darauf hingewiesen, dass mit der Abkehr von der Regelung, wonach der Landesfürst die Staatsbeamten ernannte, verbunden ist, dass diesem auf die Bestellung der Bediensteten des Staates – mit der Ausnahme bei den Richtern – kein rechtlicher Einfluss mehr zukommt. Der Entfall der Regelung, wonach die Schaffung neuer ständiger Beamtenstellen der Zustimmung des Landtages bedurfte, ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass in der Praxis vor der Verfassungsrevision 2003 schon lange keine Beamtenernennungen durch den Landesfürsten mehr erfolgt waren.[11] Somit lief die Bestimmung ins Leere. Nach dem gegenwärtigen Staatspersonalgesetz[12] wird das Staatspersonal im Wege vertraglicher Dienstverhältnisse bestellt (Art. 7). Es handelt sich also um kündbare öffentlich-rechtliche Angestellte (Art. 6). Die Regierung führt einen Stellenplan, der Angaben über die Gesamtzahl der Stellen bei den Verwaltungsbehörden und des nicht-richterlichen Personals bei Gerichten bzw. des nicht-staatsanwaltlichen Personals in der Staatsanwaltschaft enthält (Art. 5 Abs. 1 Staatspersonalgesetz). Der Stellenplan hat sich nach der im Rahmen des Landesvoranschlages festgelegten und vom Landtag genehmigten massgeblichen Lohnsumme zu richten (Art. 5 Abs. 2 Staatspersonalgesetz). Da dem Landtag über den Voranschlag (Art. 62 lit. c LV) eine massgebliche Befugnis zukommt, die Zahl der Staatsbediensteten zu regeln, ist die frühere Bestimmung des Art. 11 LV unter dem Aspekt der Hoheit des Landtages über die Staatsausgaben entbehrlich.

II. Richter und Gerichte in Liechtenstein

A. Allgemeines zur Organisation der Gerichtsbarkeit in Liechtenstein

Die Organisation der Gerichtsbarkeit in Liechtenstein wird im VIII. Hauptstück der Verfassung näher geregelt, weshalb an dieser Stelle lediglich kurze Anmerkungen gemacht werden: Es gibt eine dreistufige ordentliche Gerichtsbarkeit, bestehend aus dem Landgericht als Eingangsgericht in den meisten Rechtsstreitigkeiten, dem Obergericht und dem Obersten Gerichtshof als Rechtsmittelinstanzen (Art. 100 und 101 LV). Die Verwaltungsgerichtsbarkeit wird vom Verwaltungsgerichtshof ausgeübt (Art. 102 und 103 LV). Die Verfassungsgerichtsbarkeit obliegt dem Staatsgerichtshof (Art. 104 und 105 LV). Die Funktionen als Richter[13] nehmen sowohl hauptamtliche Richter (Landgericht und Obergericht) als auch nebenamtliche Richter (Oberster Gerichtshof, Verwaltungsgerichtshof und Staatsgerichtshof) ein. Die Kleinheit der Verhältnisse in Liechtenstein stellt für die Gerichtsbarkeit in Liechtenstein in mehrfacher Hinsicht eine Herausforderung dar: Zum einen ist die Rekrutierung qualifizierter Richter im Kleinstaat ein Problem, zum anderen werden Unbefangenheit und Unabhängigkeit der Richter durch die Vielzahl persönlicher Naheverhältnisse besonders auf die Probe gestellt. Aufgrund der vergleichsweise geringen Fallzahlen werden in vielen Fällen nebenamtliche Richter (im Staatsgerichtshof, Obersten Gerichtshof, Verwaltungsgerichtshof und im Obergericht) bestellt. Angesichts dieser Rahmenbedingungen kommt dem Verfahren der Richterbestellung eine rechtsstaatlich besondere Bedeutung zu. Dabei entspricht es einer langen, praktisch bis zur Erlangung der Souveränität Liechtensteins zurückreichenden Tradition,[14] dass die liechtensteinische Gerichtsbarkeit auch durch ausländische Richter ausgeübt wird.[15] Allerdings waren bis 1921 die Rechtsmittelinstanzen ausserhalb des Landes, in Wien und in Innsbruck, angesiedelt.[16] Schon allein dies führte dazu, dass zahlreiche österreichische Richter in liechtensteinischen Angelegenheiten urteilten. 1884 stellte ein Staatsvertrag zwischen Österreich und Liechtenstein die Mitwirkung österreichischer Richter in der liechtensteinischen Justiz auf eine explizite Grundlage.[17]Nach 1921 bekleideten erstmals auch Schweizer Richter höchste Positionen in der liechtensteinischen Gerichtsbarkeit, etwa als Präsidenten des Obersten Gerichtshofes[18] wie auch als Mitglieder des Staatsgerichtshofes. Seit 1945 ist es wiederum ungebrochene Tradition, dass österreichische Richter die Funktion des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes ausüben.[19]In der ordentlichen Gerichtsbarkeit sind auch gegenwärtig zahlreiche österreichische und schweizerische Richter tätig. Im Staatsgerichtshof und im Verwaltungsgerichtshof sind ebenfalls österreichische und schweizerische Richter tätig, allerdings müssen die Mehrheit der Richter auf Grund der Verfassung (vgl. Art. 102 Abs. 1 und Art. 105 LV) Liechtensteiner sein. Das hohe Ausmass der Beteiligung ausländischer Richter an der Gerichtsbarkeit in Liechtenstein ist im Vergleich mit grösseren Staaten ungewöhnlich: Typischerweise ist dort die Richtertätigkeit den inländischen Staatsangehörigen vorbehalten. Selbst die in der Europäischen Union garantierte Arbeitnehmerfreizügigkeit erstreckt sich nicht auf die Gerichtsbarkeit.[20] Es überrascht daher nicht, dass etwa die Beteiligung ausländischer Richter an der Verfassungsgerichtsbarkeit als „kühn und vorbildlich“ bezeichnet wurde, weil sie eine „personale, institutionalisierte Form der Verfassungsrechtsvergleichung“ bedeute und zur Europäisierung der nationalen Verfassungsgerichte beitrage.[21] Zu bemerken ist allerdings, dass in anderen vergleichbaren Kleinstaaten wie etwa Andorra, San Marino oder Monaco[22] eine Beteiligung ausländischer Richter an der Gerichtsbarkeit ebenfalls gebräuchlich ist. Zufolge Art. 28 Abs. 4 EWRA wäre ein Vorbehalt der liechtensteinischen Staatsangehörigkeit für die Ausübung der Richtertätigkeit allerdings EWR-konform.[23] Vorgaben für die Organisation der Gerichtsbarkeit, nämlich, was die Festlegung der Zuständigkeit der Gerichte betrifft, ergeben sich im Übrigen aus der Garantie des ordentlichen Richters in Art. 33 LV.[24]

B. Zum Begriff des Richters

Art. 11 LV verwendet den Begriff des Richters, ohne ihn näher zu definieren.[25] Allerdings verweist Art. 95 Abs. 1 erster Satz LV, worin statuiert wird, dass die gesamte Gerichtsbarkeit im Namen des Fürsten und des Volkes durch „verpflichtete Richter“ ausgeübt wird, die vom Landesfürsten ernannt werden, ausdrücklich auf Art. 11 LV. Richter sind entsprechend Art. 95 Abs. 3 LV jene Organe, die die Gerichtsbarkeit (Landgericht, Obergericht, Oberster Gerichtshof, Verwaltungsgerichtshof und Staatsgerichtshof) in Liechtenstein ausüben.[26] Keine Richter sind etwa die Mitglieder der verschiedenen Beschwerdekommissionen wie jener für Verwaltungsangelegenheiten, der Beschwerdekommission für Finanzmarktangelegenheiten, der Landesgrundverkehrskommission oder der Landessteuerkommission. Der Umstand, dass diese Person allenfalls Mitglieder eines „Tribunals“ i.S. des Art. 6 EMRK sind, bedeutet nicht, dass sie dadurch Richter i.S. des Art. 11 oder 95 LV sind. Darüber hinaus sind nicht alle Bediensteten, die bei den Gerichten in Liechtenstein tätig sind, Richter. Keine Richter sind die:
  • Staatsanwälte,
  • Richteramtsanwärter,[27]
  • Rechtspfleger (vgl. Art. 98 LV),[28]
  • die Kanzleibediensteten in den Gerichten,
  • Rechtspraktikanten.
Die verfassungsrechtliche Umschreibung des Richterbildes ist Art. 95 Abs. 2 LV zu entnehmen. Demnach sind Richter in der Ausübung ihres richterlichen Amtes innerhalb der gesetzlichen Grenzen ihrer Wirksamkeit und im gerichtlichen Verfahren unabhängig. Einwirkungen durch nichtrichterliche Organe auf die Rechtsprechung sind nur soweit zulässig, als sie die Verfassung ausdrücklich vorsieht (so Art. 12 LV – Begnadigungsrecht und Recht zur Niederschlagung eingeleiteter Untersuchungen durch den Landesfürsten).[29]Die Verfassung geht offenkundig davon aus, dass Richter grundsätzlich unbefristet, also bis zum Eintritt der Alterspension, bestellt sind. Art. 102 Abs. 2 LV sowie Art. 105 LV sehen hinsichtlich der Richter des Verwaltungsgerichtshofes und der Richter des Staatsgerichtshofes nämlich eine explizite Begrenzung der Amtsdauer auf fünf Jahre vor, wobei die Wiederwahl zulässig ist. Hinsichtlich der Richter in der ordentlichen Gerichtsbarkeit fehlen vergleichbare Regelungen. Art. 16 des Richterdienstgesetzes bestimmt daher, dass die Ernennung der vollamtlichen Richter bis zum Erreichen des Zeitpunkts der Altersgrenze für den ordentlichen Altersrücktritt erfolgt.[30]Die Rechtspraxis kennt in Liechtenstein auch den Begriff des sogenannten „ad-hoc-Richters“ (Art. 3 Richterdienstgesetz). Auf Grund der Kleinheit der Verhältnisse ist es nämlich häufig erforderlich, dass mehrere Richter eines Kollegialgerichtes[31] in den Ausstand treten müssen, sodass die von der Verfassung oder dem Gesetz geforderte Besetzung eines Richtersenates nicht mit den zur Verfügung stehenden Ersatzrichtern hergestellt werden kann. In einem solchen Fall werden vom Landtag – nach Durchlauf des Verfahrens der Richterbestellung gemäss Art. 96 LV – für den konkreten Fall ein oder mehrere Ersatzrichter gewählt und vom Landesfürsten gemäss Art. 11 LV ernannt. Ein solcher ad-hoc-Richter kann freilich auch bestellt werden, wenn ein bestimmter Fall auf Grund seiner Komplexität die Kapazitäten eines Gerichts wesentlich beeinträchtigen würde, was in der Praxis bei bestimmten Fällen der Wirtschaftskriminalität durchaus möglich ist.[32]Obwohl in der Verfassung nicht ausdrücklich erwähnt, war die im Hinblick auf die Vermeidung des Anscheins der Einrichtung eines verbotenen „Ausnahmegerichtes“ (Art. 33 Abs. 1 LV)[33] oder einer „Sonderjustiz“ nicht unproblematische Praxis der Bestellung von ad-hoc-Richtern zum Zeitpunkt Neuregelung der Richterernennung mit der Verfassungsrevision 2003 im Staatsgerichtshof und bei der damaligen Verwaltungsbeschwerdeinstanz vorgefunden worden. Dies erfolgte auf der Grundlage von Art. 12 Abs. 5 LVG, wonach, wenn die Zahl der mit Grund ausgeschlossenen oder abgelehnten Mitglieder einer Behörde und deren Ersatzmitglieder mehr als drei beträgt, oder wenn ein Mitglied infolge Todes oder Krankheit oder aus anderen stichhaltigen Gründen dauernd ausscheidet, seitens der Regierung unverzüglich bei der zuständigen Stelle eine Ersatzbestellung zu veranlassen ist.[34] Es ist jedoch bemerkenswert, dass die Verfassungsrevision diese Frage nicht ausdrücklich thematisiert hat. Für die ordentlichen Gerichte sah § 7 Abs. 2 Gerichtsorganisations-Gesetz vom 7. April 1922[35] vor, dass, wenn „bei kollegialen Gerichten zur Beurteilung einer Rechtssache Berufskenntnisse (aus der Landwirtschaft, dem Gewerbe, Handel, den Arbeitsverhältnissen oder dem Erziehungswesen) wünschbar sind, (…) der Vorsitzende im Einvernehmen mit den ständigen Richtern anstelle eines der gewählten, sonst regelmässig amtierenden Richters, sofern nicht einem solchen Richter diese Berufskenntnisse zukommen, einen hierzu geeigneten Ersatzrichter einberufen, der dann alle auf die betreffende Gerichtssession angesetzten Fälle mitentscheidet.“ Die verfassungsrechtliche Bedenklichkeit dieser Bestimmung liegt vor dem Hintergrund des Verbots von exekutiven oder legislativen Eingriffen in die Gerichtsbarkeit, etwa durch die Einsetzung ad hoc oder ad personam bestellter Richter oder durch die Schaffung von Ausnahmegerichten,[36] auf der Hand.[37]Erst mit dem Richterdienstgesetz 2007 wurde die Bestellung von ad-hoc-Richtern in der ordentlichen Gerichtsbarkeit auf eine hinreichende Rechtsgrundlage gestellt.[38]Es besteht kein Hinweis, dass die Verfassungsrevision von 2003 die für die Funktionsfähigkeit der Gerichtsbarkeit in Liechtenstein grundsätzlich wichtige Praxis unterbinden wollte. Aus den dargestellten Gründen sind jedoch an die Bestellung von ad-hoc-Richtern im Interesse der Rechtsstaatlichkeit strenge Anforderungen zu stellen. Insbesondere ist von Bedeutung, dass die Bestellung nur auf Antrag des zuständigen Gerichtspräsidenten, nicht etwa auf Wunsch der Exekutive oder Legislative erfolgen darf und das Verfahren der Richterbestellung gemäss Art. 96 LV eingehalten wird. Die Verfassung macht im Weiteren keine Vorgaben darüber, ob die Bestellung der Richter haupt- oder nebenamtlich erfolgt. Wie dargelegt, sind in der Praxis die Richter am Staatsgerichtshof, am Verwaltungsgerichtshof und am Obersten Gerichtshof nebenamtliche Richter. Spannungsverhältnisse in Bezug auf mögliche Befangenheiten, die sich aus der hauptberuflichen Tätigkeit des betreffenden Richters, etwa als Anwalt, ergeben, sind auf der Grundlage von Art. 33 Abs. 1 LV im Einzelfall zu entscheiden.[39]

C. Der Landesfürst und die Richterernennung

1. Die Richterernennung als hoheitlicher Akt

Die vorgängige Ernennung durch den Landesfürsten ist eine Voraussetzung für die Ausübung des Richteramtes. Zum Verfahren der Richterauswahl siehe näher die Ausführungen zu Art. 96 LV, auf den in Art. 11 LV verwiesen wird. In diesem Zusammenhang ist auch auf Art. 31 Abs. 1 zweiter Satz LV zu verweisen, wonach die öffentlichen Ämter allen Landesangehörigen unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen gleich zugänglich sind. Diese Bestimmung bindet auch den Landesfürsten.[40]Die Ernennung einer Person ist ein an eine Einzelperson gerichteter, individueller hoheitlicher Akt. Als solcher bildet er auch einen Akt öffentlicher Gewalt (Art. 15 Abs. 1 StGHG), gegen den beim Staatsgerichtshof Beschwerde wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte erhoben werden könnte.[41]Allerdings wird eine ernannte Person in aller Regel keine Veranlassung haben, ihre Ernennung zum Richter zu bekämpfen. Vom Richterauswahlgremium nicht vorgeschlagene und somit auch nicht gewählte Personen können von vornherein keine Rechtsverletzung geltend machen, die es ihnen ermöglichte, vor dem Staatsgerichtshof Beschwerde zu führen. Auch eine vom Landtag gewählte Person könnte ihre Nichternennung nicht beim Staatsgerichtshof bekämpfen. Eine Unterlassung der Setzung eines rechtserheblichen Aktes ist begrifflich keine „Entscheidung oder Verfügung der öffentlichen Gewalt“. Dieser Fall ist allerdings von vornherein nicht realistisch, da der Landtag nur eine Person wählen kann, die vom Richterauswahlgremium vorgeschlagen wurde. Die Ernennung als ein Hoheitsakt erfordert auch eine gewisse Aussenwirksamkeit, etwa in Form einer Bestellungsurkunde. Es muss jedenfalls ein derartiges äusserlich sichtbares Zeichen des Ernennungsaktes gesetzt werden, der auch entsprechend dokumentiert ist.

2. Beobachtung der Bestimmungen der Verfassung

Art. 11 LV trägt dem Landesfürsten ausdrücklich die „Beobachtung der Bestimmungen der Verfassung (Art. 96)“ auf. Der etwas altertümliche Ausdruck „Beobachtung“, der offenkundig der ursprünglichen Formulierung des Art. 11 LV aus dem Jahre 1921 entlehnt ist, meint, die entsprechenden verfassungsrechtlichen Bestimmungen zu „beachten“.[42]Dies bedeutet, dass der Landesfürst, wenn der Landtag den vom Richterauswahlgremium empfohlenen Kandidaten wählt, diesen zum Richter zu ernennen hat (Art. 96 Abs. 1 letzter Satz LV). Die Verfassung überlässt dem Landesfürsten insoweit keinen Spielraum. Er kann daher kein Ermessen ausüben, sondern lediglich den ihm von der Verfassung aufgetragenen Akt setzen. Die Unterlassung der Ernennung eines Richters nach Durchlaufen des Verfahrens gemäss Art. 96 Abs. 1 LV durch den Landesfürsten wäre verfassungswidrig. Ebenso wäre es verfassungswidrig, die Ernennung nach erfolgter Information über die Wahl des betreffenden Richters durch den Landtag in ungebührlicher Weise zu verzögern. Der Landesfürst hat ebenso einen vom Volk nach den Bestimmungen des Art. 96 Abs. 2 LV gewählten Kandidaten zu ernennen. Auch diesbezüglich besteht kein Ermessensspielraum. Umgekehrt ist es aber auch die Verpflichtung des Landesfürsten, von einer Ernennung abzusehen, wenn das Verfahren gemäss Art. 96 Abs. 1 oder 2 LV nicht eingehalten wurde.

3. Die Gegenzeichnungsbedürftigkeit der Richterernennung

Die Frage, ob die Ernennung durch den Landesfürsten der Gegenzeichnung durch den Regierungschef gemäss Art. 85 zweiter Satz LV bedarf, ist in der Literatur und in der Staatspraxis bemerkenswerterweise strittig.[43] Winkler lehnt das Erfordernis der Gegenzeichnung bei der Richterernennung ab.[44] Er führt an anderer Stelle aus, dass „Ausfertigungen von Resolutionen, die nicht auf Antrag des Regierungschefs ergehen“, von der Gegenzeichnung des Regierungschefs ausgenommen seien.[45] Winkler verweist weiter auf Art. 86 Abs. 2 LV, wonach Ausfertigungen der über Antrag des Regierungschefs ergehenden landesherrlichen Resolutionen der Gegenzeichnung bedürfen.[46]Diese Begründung ist zu hinterfragen: Gemäss Art. 85 zweiter Satz LV obliegen dem Regierungschef die Gegenzeichnung der vom Fürsten oder einer Regentschaft ausgehenden Erlässe und Verordnungen. Nun ist es aber vor dem historischen Hintergrund des Gegenzeichnungsrechts, eine politische Verantwortlichkeit für einen Staatsakt herzustellen,[47] geboten, Ausnahmen restriktiv auszulegen. Klarerweise ist eine Richterernennung keine Verordnung, denn sie stellt keinen generellen Rechtsakt dar, der an einen abstrakten Adressatenkreis gerichtet ist und auf der Grundlage eines Gesetzes Aussenwirkung entfaltet, wie dies für eine Verordnung typisch ist.[48] Die Richterernennung ist vielmehr wie dargestellt ein individueller Hoheitsakt. Solche individuellen Hoheitsakte des Landesfürsten können sehr wohl als ein „Erlass“ im Sinne des Art. 85 zweiter Satz LV qualifiziert werden.[49] Daran ändert auch nichts, dass sowohl in der schweizerischen als auch der österreichischen Terminologie mit dem Begriff „Erlasse“ bzw. „Erlässe“ ebenfalls generelle Rechtsnormen in Verbindung gebracht werden. Dies deshalb, weil schweizerische und österreichische Terminologie in ihrem Verständnis des Begriffes dennoch uneinheitlich sind. Während in der Schweiz „Erlasse“ insbesondere rechtsetzende Akte auf Verfassungs-, Gesetzes- oder Verordnungsstufe sind,[50] wird in Österreich der Begriff „Erlass“ mit generellen, verwaltungsinternen Anordnungen ohne Aussenwirkung in Verbindung gebracht.[51] Ganz abgesehen davon ist es in einer historischen Interpretation nicht angebracht, dem bereits im Jahre 1862 in § 29 KonV eingeführten Begriff des „Erlasses“ das heutige Verständnis der schweizerischen und österreichischen Lehre dieses Begriffes zu unterlegen.[52] Es gibt keinerlei Hinweis, dass der Verfassungsgesetzgeber des Jahres 1921, der diese Begrifflichkeit aus der Konstitutionellen Verfassung übernahm, nur generelle Akte des Landesfürsten der Gegenzeichnungspflicht unterworfen wissen wollte. Weshalb eine Richterernennung nur eine „Resolution“ im Sinne des Art. 86 Abs. 2 LV sein kann, nicht aber ein „Erlass“ im Sinne des Art. 85 zweiter Satz LV sein kann, wird auch von Winkler nicht näher begründet.[53]Wenn eine Gegenzeichnungsbedürftigkeit nicht bestehen soll, dann höchstens deshalb, weil der Landesfürst durch die Wahl des Landtages (Art. 96 Abs. 1 LV) oder des Volkes (Art. 96 Abs. 2 LV) bereits gebunden ist und, wie dargestellt, verpflichtet ist, den gewählten Richter auch tatsächlich zu ernennen. Vor diesem Hintergrund erscheint eine Gegenzeichnung durch den Regierungschef entbehrlich. Die Staatspraxis der letzten Jahrzehnte scheint auf eine Gegenzeichnung der Richternennung zu verzichten,[54] was trotz der offensichtlichen Problematik im Hinblick auf die möglichen rechtlichen Konsequenzen[55] bisher nicht problematisiert wurde.

Fussnoten

  1. Zur Gerichtsbarkeit diesbezüglich näher Gstöhl, Richter, S. 31 f.
  2. Siehe Protokoll über die Landtagssitzung vom 24.8.1921, S. 2.
  3. Art. 11 Abs. 2 LV in der Fassung der grünen und roten Broschüre. Siehe dazu auch die Ausführungen bei Winkler, Verfassungsrecht, S. 115 ff.
  4. Art. 11 Abs. 3 bis 5 LV in der Fassung der grünen und roten Broschüre.
  5. Art. 11 Abs. 1 LV in der Fassung der grünen und roten Broschüre.
  6. Grüne Broschüre, S. 7 und rote Broschüre, S. 6.
  7. Siehe dazu näher Kommentar zu Art. 96 LV.
  8. Die Krise rund um den Staatsgerichtshof, auch als „Staatsgerichtshofskandal“ bezeichnet, entzündete sich rund um eine umstrittene Entscheidung des Staatsgerichtshofes, in welcher sich die Frage stellte, ob der Staatsgerichtshof diese Entscheidung überhaupt fällen durfte, weil die Sache schon in einer früheren Sitzung definitiv entschieden worden war (ausführlich dazu Waschkuhn, Politisches System, S. 217 ff.; Hoch, Verfassungsgerichtsbarkeit).
  9. Siehe grüne Broschüre, S. 7 und rote Broschüre, S. 6. Zu den verschiedenen Vorschlägen, unter anderem auch der Verfassungskommission des Landtages und der Initiative Verfassungsfrieden siehe auch Niedermüller, Reformvorschläge, S. 31 ff.
  10. Siehe dazu auch Winkler, Verfassungsreform, S. 216 ff.
  11. Im Landtags-Protokoll 2001 (Sitzung vom 22. Dezember 2001) berichtet der Abg. Paul Vogt, dass die letzte Beamtenernennung durch den Landesfürsten 1968 stattgefunden habe. Siehe auch Ritter, Beamtenrecht, S. 74 ff.
  12. Gesetz vom 24. April 2008 über das Dienstverhältnis des Staatspersonal (Staatspersonalgesetz), LGBl. 2008 Nr. 144 LR 174.11.
  13. Zum Begriff des Richters siehe nachstehend Kapitel II.B.
  14. Zur Entwicklung der Gerichtsbarkeit in Liechtenstein siehe Gstöhl, Richter, 21 ff.
  15. Siehe Kohlegger, Justiz, S. 66 ff.; Dür, Beteiligung, S. 127 ff.
  16. Kohlegger, Justiz, S. 66 f.; Kohlegger, Gschnitzer, S. 1059; Dür, Beteiligung, S. 127 ff.; Gstöhl, Richter, S. 25 f.
  17. Staatsvertrag vom 19. Jänner 1884 mit dem Fürstenthume Liechtenstein, bezüglich der Justizverwaltung in diesem Fürstenthume; siehe Dür, Beteiligung, S. 146. Bereits bis zu diesem Zeitpunkt hatten österreichische Richter in insgesamt 45 Fällen in erster Instanz mitgewirkt, das Oberlandesgericht Innsbruck wurde bis dahin in 20 „geschlossenen Rechtsstreiten und über 10 Civilrekursen“ angerufen (Dür, Beteiligung, S. 138).
  18. Dür, Beteiligung, S. 150. Siehe hinsichtlich des Obersten Gerichtshofes auch die ausführliche Darstellung bei Kohlegger, Gschnitzer, S. 1066 ff.
  19. Siehe Dür, Beteiligung, S. 151 ff.; Kohlegger, Gschnitzer, S. 1068 ff.
  20. Gemäss Art. 45 Abs. 4 AEUV findet die Arbeitnehmerfreizügigkeit keine Anwendung auf die Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung. Trotz des irreführenden Begriffs „öffentliche Verwaltung“ findet diese Bereichsausnahme auch auf die Gerichtsbarkeit Anwendung. Noch deutlicher ist demgegenüber Art. 28 Abs. 4 EWRA, wonach dieser Artikel (über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer und selbständig Erwerbstätigen) keine Anwendung auf die Beschäftigung im öffentlichen Dienst findet.
  21. Häberle, Kleinstaat, S. 163.
  22. Siehe Ress, Liechtenstein, S. 56 f, wonach der Oberste Gerichtshof in Monaco ausschliesslich aus französischen Staatsangehörigen besteht. Siehe auch Wolf, Monarchien, S. 27 ff.
  23. Siehe dazu auch VBI 1997/17 (= LES 1998, 207 ff. [211]), worin allerdings ausgeführt wird, dass die Ausnahme des EWRA zugunsten der Tätigkeit im öffentlichen Dienst im Sinne des Art. 28 Abs. 4 EWRA dann nicht mehr greift, wenn die betreffende Person bereits in den öffentlichen Dienst des Landes aufgenommen wurde. Siehe auch Stotter, Verfassung, S. 90.
  24. Siehe dazu näher Kommentar zu Art. 33 LV. Siehe auch Wille, Richter, S. 345 ff.
  25. Eine derartige Definition erfolgt auch nicht in Art. 33 Abs. 1 LV, wo statuiert wird, dass niemand seinem ordentlichen Richter entzogen werden darf.
  26. So auch Art. 1 Abs. 2 Richterbestellungsgesetz, LGBl. 2004 Nr. 30 LR 173.01.
  27. Diese sind Angestellte im richterlichen Vorbereitungsdienst (siehe 6 Art. 4 Richterdienstgesetz, LGBl. 2007 Nr. 347 LR 173.02).
  28. Rechtspfleger sind Gerichtsbedienstete, die mit der Erledigung bestimmter Geschäfte der Gerichtsbarkeit betraut sind, jedoch unter dem Weisungsrecht des nach der Geschäftsverteilung zuständigen Landrichters stehen (vgl. Art. 7 Rechtspflegergesetz, LGBl. 1998 Nr. 77 LR 173.32). Die Tätigkeit der Rechtspfleger zählt funktionell, obgleich sie durch weisungsgebundene Organe ausgeübt wird, zur Gerichtsbarkeit, weil die Weisungsgebundenheit gegenüber unabhängigen Organen, den Richtern, besteht.
  29. Man wird davon ausgehen müssen, dass sich aus dieser Bestimmung eine Verpflichtung des Gesetzgebers ergibt, die Stellung der Richter besonders zu schützen und spezifische, auf die Bedürfnisse der Richterschaft zugeschnittene Regelungen zu erlassen (siehe dazu das Richterdienstgesetz; zur Kritik an der früheren Rechtslage siehe Jehle, Unabhängigkeit, S. 137).
  30. Dies schliesst nicht aus, dass die Präsidenten des Landesgerichtes, des Obergerichtes und des Obersten Gerichtshofes diese Funktion lediglich auf eine jeweils befristete Dauer ausüben (vgl. Art 13 Abs. 1 erster Satz, Art. 20 Abs. 1 erster Satz und Art. 24 Abs. 1 erster Satz Gerichtsorganisationsgesetz (LGBl. 2007 Nr. 348 LR 173.30).
  31. Kollegialgerichte sind der Obergericht und der Oberste Gerichtshof (vgl. Art 100 Abs. 3 LV) sowie der Verwaltungsgerichtshof und der Staatsgerichtshof. Art. 2 des Gerichtsorganisationsgesetzes nennt als Kollegialgerichte ausserdem das Kriminal- und das Jugendgericht.
  32. Art. 3 Abs. 1 Richterdienstgesetz umschreibt die näheren Voraussetzungen für die Bestellung eines ad-hoc-Richters. Dieser kann nur auf Antrag des zuständigen Gerichtspräsidenten bestellt werden, wenn ein Gericht in seiner Funktion wesentlich beeinträchtigt ist. Art. 3 Abs. 2 sieht vor, dass die Bestellung von ad-hoc-Richtern befristet auf Zeit oder zur Erledigung eines einzelnen oder mehrerer Geschäfte erfolgen kann. Die Zuteilung der Geschäfte erfolgt durch die Geschäftsverteilung des zuständigen Gerichts.
  33. Siehe auch Wille, Richter, S. 353 f., wo ausdrücklich davon die Rede ist, dass das Verbot von Ausnahmegerichten auch das Verbot von ad hoc oder ad personal bestellten Richter impliziert.
  34. Der Staatsgerichtshof hat dazu in StGH 1998/25, Erw. 3.4 (= LES 2001, 5 [7 f.]), festgehalten, dass sich diese Bestimmung am ursprünglichen Verfassungstext von 1921 orientierte, der für die Regierung wie auch für die Verwaltungs-Beschwerdeinstanz jeweils ein Dreierkollegium vorgesehen hatte (heute jeweils fünf). Die Bestimmung sei historisch und teleologisch dahingehend auszulegen, dass eine Ersatzbestellung erst zu veranlassen sei, wenn mehr als fünf Mitglieder der Kollegialbehörden im Ausstand seien (siehe auch Wille, Richter, S. 397, Rz. 78).
  35. LGBl. 1922 Nr. 16.
  36. Wille, Richter, S. 353 f., Rz. 25 mit weiteren Nachweisen; Gstöhl, Richter, S. 67 f.; Höfling, Grundrechtsordnung, S. 230.
  37. Siehe auch Gstöhl, Richter, S. 204.
  38. Siehe BuA Nr. 54/2007.
  39. Vgl. Wille, Richter, S. 386 f., Rz. 65.
  40. Siehe auch Kley/Vogt, Rechtsgleichheit, S. 279 und 281.
  41. Der in Art. 15 Abs. 1 StGHG verwendete Begriff der „Entscheidung oder Verfügung der öffentlichen Gewalt“ wird vom Staatsgerichtshof im Sinne eines umfassenden Rechtsschutzverständnisses weit interpretiert (vgl. Bussjäger, Beschwerde, S. 866, Rz. 28). Daher können auch Individualakte des Staatsoberhauptes, die unmittelbar subjektive Rechte einzelner Bürger verletzen, mit Individualbeschwerde vor dem Staatsgerichtshof angefochten werden (Wille, Verfassungsprozessrecht, S. 583 unter Verweis auf BuA Nr. 45/2003, S. 39 f.). Nicht völlig eindeutig StGH 2005/97, Erw. 1.1.
  42. In der Vorarlberger Landesverfassung wurde im Jahre 1997 in den Gelöbnisformeln der Landtagsabgeordneten und der Mitglieder der Landesregierung das Wort „beobachten“ (der Verfassung) durch „beachten“ ersetzt. Die Formulierung kommt in der liechtensteinischen Verfassung ausserdem in den Art. 28 Abs. 1 und 3 LV, Art. 60 LV sowie Art. 108 LV vor.
  43. Weber, Gegenzeichnungsrecht, S. 224, bejaht das Erfordernis der Gegenzeichnung mit dem Hinweis, dass eine Ausnahme von der Gegenzeichnungspflichtigkeit nicht ersichtlich sei. In diesem Sinne auch Batliner, Einführung, S. 91; Batliner, Aktuelle Fragen, S. 47. Siehe auch bereits Marxer, Organisation, S. 74, wonach „alle Ausfertigungen, die staatsrechtlich von Belang sind, die vom Fürsten ausgehen, die Gegenzeichnung des Regierungschefs tragen, nicht nur die über seinen (Anm. des Regierungschefs) ergehenden landesherrlichen Resolutionen.“ Ähnlich auch Pappermann, Regierung, S. 96 f.; Steger, Fürst und Landtag, S. 88.
  44. Winkler, Begnadigung, S. 55.
  45. Winkler, Begnadigung, S. 59.
  46. Winkler, Begnadigung, S. 74.
  47. Siehe Batliner, Einführung, S. 89; Pappermann, Regierung, S. 93; Allgäuer, Kontrolle, S. 35; Steger, Fürst und Landtag, S. 87.
  48. Vgl. Schurti, Verordnungsrecht der Regierung, S. 240; Schurti, Verordnungsrecht, S. 42 ff.; Kley, Verwaltungsrecht, S. 47.
  49. So auch Weber, Gegenzeichnungsrecht, S. 224.
  50. Freilich nicht nur: Art. 163 BV unterscheidet zwischen den rechtsetzenden Bestimmungen in der Form des Bundesgesetzes oder der Verordnung (Abs. 1) und den „übrigen Erlassen“, die in der Form eines Bundesbeschlusses ergehen. In diesem Sinne werden auch Beschlüsse der Bundesversammlung, welche als Einzelakt ergehen, als solche Erlasse qualifiziert (vgl. Tschannen, Art. 163 BV, Rz 29). Hinsichtlich des liechtensteinischen Verwaltungsrechts spricht Kley, Verwaltungsrecht, S. 57, von rechtsetzenden Akten auf Verfassungs-, Gesetzes- oder Verordnungsstufe.
  51. Siehe etwa VfSlg 13.021/1992; siehe auch Adamovich/Funk/Holzinger/Frank, Österreichisches Staatsrecht, Rz. 27.114. Solche Erlässe werden aber auch in Österreich mitunter wie in Liechtenstein als „Verwaltungsverordnungen“ bezeichnet (vgl. Kley, Verwaltungsrecht, S. 50 f.; siehe auch Schurti, Verordnungsrecht der Regierung, S. 241 ff.).
  52. In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass § 93 der Amtsinstruction für die Staatsbehörden souveränen Fürstenthums Liechtenstein, welche zeitgleich mit der Konstitutionellen Verfassung vom 26. September 1862 erlassen wurde (LI LA SgRV 1862), jene Gegenstände beispielhaft aufzählt, die „von der Regierung verhandelt wurden, aber nach ihrer Natur der landesherrlichen Verfügung zu unterstellen sind.“ Dazu zählte gemäss Z. 3 auch die Anstellung und Beförderung der geistlichen und weltlichen Diener. Die diesfälligen zur Ausfertigung gelangen „Resolutionen“ sollten gemäss § 94 der Amtsinstruktion die Unterschrift des Landesfürsten erhalten. § 94 Abs. 2 bestimmte im Weiteren ausdrücklich, dass Gesetze und Verordnungen der Gegenzeichnung bedurften. Diese Unterscheidung zwischen Gesetzen und Verordnungen einerseits und (nicht gegenzeichnungspflichtigen) Resolutionen andererseits in der Amtsinstruktion 1862 war aber wohl mit § 29 KonV nicht vereinbar. Gemäss der Amtsinstruktion für die Landesbehörden des Fürstenthums Liechtenstein vom 30. Mai 1871, LGBl. 1871 Nr. 1, hat der Landesverweser zufolge Z. 3 (nahezu wortident mit Art. 85 zweiter Satz LV) die Geschäfte zu besorgen, welche ihm unmittelbar vom Fürsten übertragen werden, namentlich die Gegenzeichnung der vom Fürsten oder einer Regentschaft ausgehenden Gesetze, Verordnungen und Erlässe vorzunehmen. Gemäss Z. 4 hat er über jene Gegenstände, welche der landesherrlichen Verfügung zu unterstellen sind, Vortrag zu erstatten. Die diesfälligen, zur Ausfertigung gelangenden Resolutionen bedurften der Unterschrift des Landesfürsten und der Gegenzeichnung des Landesverwesers. Die Vorschriften der Konstitutionellen Monarchie zielten daher darauf ab, alle Rechtsakte, die vom Fürsten ausgingen, der Gegenzeichnung zu unterwerfen, wie auch alle Akte, über die der Landesverweser dem Fürsten „Vortrag“ zu erstatten hatte, die ihm also zur Genehmigung vorgelegt werden mussten.
  53. Vgl. Winkler, Begnadigung, S. 74, der sich mit dem Begriff des Erlasses im Sinne von Art. 85 zweiter Satz LV nicht näher auseinandersetzt.
  54. Siehe die bei Weber, Gegenzeichnungsrecht, S. 224, Fn. 97, angeführten Beispiele.
  55. Das Fehlen einer verfassungsrechtlich gebotenen Gegenzeichnung bewirkt Teilen der Lehre zufolge die Nichtigkeit des Staatsaktes (vgl. Kieber, Regierung, S. 321). Ähnlich Pappermann, Regierung, S. 95. Hingegen sieht Winkler, Begnadigung, S. 38, lediglich hinsichtlich der Gesetze die Gegenzeichnung als Gültigkeitserfordernis, in anderen Fällen sei der Staatsakt lediglich verfassungswidrig, nicht jedoch schlechthin nichtig.
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