1) Die Freiheit der Person, das Hausrecht und das Brief- und Schriftengeheimnis sind gewährleistet.

2) Ausser den vom Gesetze bestimmten Fällen und der durch das Gesetz bestimmten Art und Weise darf weder jemand verhaftet oder in Haft behalten, noch eine Hausdurchsuchung oder Durchsuchung von Personen, Briefen oder Schriften oder eine Beschlagnahme von Briefen oder Schriften vorgenommen werden.

3) Ungesetzlich oder erwiesenermassen unschuldig Verhaftete und unschuldig Verurteilte haben Anspruch auf volle vom Staate zu leistende, gerichtlich zu bestimmende Entschädigung. Ob und inwieweit dem Staate ein Rückgriffsrecht gegen Dritte zusteht, bestimmen die Gesetze.

1) Personal liberty, the immunity of the home and the inviolability of letters and documents shall be guaranteed.

2) Except in the cases specified by law and in the manner prescribed by law, no person may be arrested or kept in custody, no houses, persons, letters or documents may be searched, and no letters or documents may be seized.

3) Persons arrested unlawfully and persons arrested or convicted and shown to be innocent shall be entitled to full compensation from the State as determined by the Courts. Whether and to what extent the State has a right of recourse against third parties in such cases shall be determined by the laws.

Autor: Peter Bussjäger. Zuletzt bearbeitet: 8. August 2024
Zitiervorschlag: Bussjäger, Peter, Art. 32 LV, Stand:8. August 2024, in: Liechtenstein-Institut (Hrsg.): Online-Kommentar zur liechtensteinischen Verfassung, https://verfassung.li/Art._32

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Entstehung und Materialien

VV 1848 §§ 48, 49

KonV §§ 8 bis 13

Verfassungsentwurf Beck Art. 16

RV § 32

LGBl. 1921 Nr. 15

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I. Allgemeines und Entstehungsgeschichte

Art. 32 ist seit dem Inkrafttreten der Verfassung von 1921 unverändert. Seine Regelungsinhalte waren, verteilt auf die §§ 8 bis 13 KonV, bereits Gegenstand der Konstitutionellen Verfassung von 1862. Im Vergleich zu den damaligen recht eingehenden Regelungen werden in Art. 32 Abs. 1 LV insgesamt drei massgebliche Grundrechte in recht knapper Form angesprochen, nämlich die Freiheit der Person, die Garantie des Hausrechts und das Brief- und Schriftengeheimnis. Heute ist aus Art. 32 LV zudem der Schutz der Privatsphäre und der Datenschutz abzuleiten (siehe auch Art. 8 EMRK).

Die besondere Aufmerksamkeit, welche die KonV der persönlichen Freiheit widmete, ist vor dem Hintergrund des Polizeistaats des Vormärz zu sehen, der mit dieser Verfassung endgültig überwunden werden sollte. Dies zeigt gerade der Blick auf die sonst als Rezeptionsvorlage dienende Verfassung von Sigmaringen von 1833, wo die Freiheit der Person lediglich in § 20 Abs. 1 angesprochen wurde („Die Freiheit der Person und des Eigenthums ist in dem Fürstenthume keiner anderen Beschränkung unterworfen, als welche durch Recht und Gesetz bestimmt wird.“).[1] Die KonV konnte in diesem Punkt kaum auf Verfassungen des Vormärz zurückgreifen, wohl aber auf den Vorläufigen Verfassungsentwurf 1848, der in den §§ 48 und 49 den Schutz der persönlichen Freiheit und des Hausrechts regelte. Allerdings erfolgte zumindest keine wörtliche Übernahme der seinerzeitigen Regelungen.

Während § 8 bis 11 KonV den Entzug der persönlichen Freiheit im Vergleich zum heutigen Art. 32 LV durchaus detailreich regelten, sah § 12 erster Satz KonV einen Schutz des Hausrechts vor („Die Haussuchung findet nur in unabwendbaren Fällen und auf Grund einer Verfügung des zuständigen Gerichtes mit Beobachtung der gesetzlichen Formen statt“). Der Schutz des Briefgeheimnisses blieb bis zur Verfassung von 1921 ungeregelt. Insgesamt war das Schutzniveau im damaligen internationalen Vergleich durchaus angemessen,[2] wenngleich es (auch) in Liechtenstein an einer Verfassungsgerichtsbarkeit noch fehlte.[3]

Der Entwurf Wilhelm Becks sah in seinem Art. 16 bereits eine Regelung vor, die dem heutigen Art. 32 LV weitgehend ähnelte mit einer allgemeinen Garantie in Abs. 1, der Schrankenbestimmung in Abs. 2 und der Entschädigungspflicht nach Abs. 3. Der heutige Abs. 3 erster Satz findet sich allerdings bereits in Art. 30 Abs. 3 der Kantonsverfassung von St. Gallen aus dem Jahre 1890. Im Vergleich zu den Regelungen der KonV fällt auf, dass die Garantien in Becks Entwurf allgemeiner gehalten sind. So fehlt etwa die fortschrittliche Regelung des § 10 KonV, wonach jeder Verhaftete „jedenfalls innerhalb der nächsten 24 Stunden von der Ursache der Verhaftung in Kenntnis gesetzt und durch einen Gerichtsbeamten verhört werden“ musste.

Die Regierungsvorlage nahm am Entwurf Becks keine inhaltlichen Änderungen vor, sondern tauschte lediglich Begrifflichkeiten (statt „Die persönliche Freiheit“ wie in § 8 KonV lautet es „die Freiheit der Person“, statt „Unverletzlichkeit der Wohnung“ wird die österreichische Terminologie „Hausrecht“ verwendet). In Abs. 2 erfolgte im Wesentlichen eine Satzumstellung.

§ 32 der RV Josef Peers enthielt schliesslich Art. 32 LV bereits in seinem heutigen Wortlaut.[4] Aus der parlamentarischen Debatte sind keine anderen Vorschläge ersichtlich.

Mit dem Inkrafttreten der EMRK für Liechtenstein erfuhren die Schutzinhalte des Art. 32 LV eine wesentliche Ergänzung. Der Schutz der Privat- und Geheimsphäre ist nunmehr auch im Lichte des Art. 5 EMR (Freiheit) und Art. 8 EMRK (Schutz des Privat- und Familienlebens) zu interpretieren. Die Breite der Rechtsprechung des EGMR insbesondere zu Art. 8 EMRK kann hier nur in Ansätzen wiedergegeben werden.

II. Allgemeines zum Schutz der Privat- und Geheimsphäre

A. Gemeinsamkeiten

Der Staatsgerichtshof fasst die von Art. 32 Abs. 1 LV geschützten – durchaus unterschiedlichen – Grundrechte der Freiheit der Person, des Hausrechts und des Brief- und Schriftengeheimnisses unter dem „umfassenderen Grundrecht der Privat- und Geheimsphäre“ zusammen.[5] Die konkreten Inhalte dieses Grundrechts erschliessen sich allerdings erst in der einzelfallbezogenen Rechtsprechung, welche daher in den folgenden Kapiteln näher dargestellt wird. Zunächst werden jedoch jene Gemeinsamkeiten erörtert, die den von Art. 32 LV normierten Grundrechten in Liechtenstein zukommen.

B. Liberale Abwehrrechte

Die drei in Abs. 1 geschützten Freiheiten stellen liberale Abwehrrechte dar.[6] Daraus ergibt sich aber nicht nur eine staatliche Verpflichtung, in die geschützten Bereiche nicht einzugreifen, sondern auch die Verpflichtung, die staatsfreie Sphäre des Individuums auch vor Eingriffen Dritter zu schützen.[7] Somit hat der Gesetzgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Freiheiten auch im gesellschaftlichen Bereich gewährleistet sind, wie etwa durch das Strafrecht, das Eingriffe in die persönliche Freiheit, das Hausrecht oder das Brief- und Schriftengeheimnis unter gerichtliche Strafdrohung stellt.[8] Die von Art. 32 LV garantierten Rechte können bei natürlichen Personen unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit geltend gemacht werden.

Eine darüber hinausgehende Gewährleistungsgarantie findet sich in der Judikatur des EGMR allerdings hinsichtlich des Rechts auf Privatleben gemäss Art. 8 EMRK (Anspruch auf Minimalstandards im Umweltschutz,[9] aber auch beispielsweise der staatlichen Kostentragung für eine Geschlechtsumwandlung).[10] Man kann davon ausgehen, dass das Land Liechtenstein als Mitglied des EWRA und in die internationale Rechtsetzung eingebundenes Völkerrechtssubjekt den staatlichen Schutzpflichten im Bereich des Umweltschutzes, aber auch der Persönlichkeitsrechte der Menschen, im Wesentlichen entspricht. Dennoch sind Fallkonstellationen denkbar, in denen sich die Frage der Konformität des liechtensteinischen Rechts mit Art. 8 EMRK stellen könnte, wenn beispielsweise von schwerwiegenden Immissionen unmittelbar Betroffene in den massgeblichen Verwaltungsverfahren über keine angemessenen Mitwirkungs- und Abwehrrechte verfügen würden. Auch stellt sich die Frage, inwieweit sich Umweltorganisationen auf Art. 8 EMRK berufen können, um sich in Verwaltungsverfahren einzuschalten.[11] Dazu gibt es ebenso wenig Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes wie zu staatlichen Versäumnissen in der Erlassung von Massnahmen gegen den Klimawandel bzw. der Unterlassung von Aktivitäten zugunsten der Klimawandelanpassung. Staatliche Gewährleistungspflichten in diesen Bereichen, wenn solche vom Staatsgerichtshof in Anlehnung an die aktuelle Judikatur des EGMR[12] anerkannt würden, wofür sich derzeit allerdings noch keine Hinweise finden, müssten sich wohl auch auf den Schutz der Privatsphäre i.S. des Art. 32 LV stützen, gegebenenfalls den Schutz des Lebens gemäss Art. 27bis LV bzw. Art. 2 EMRK. Ebenso wenig finden sich in der bisherigen Judikatur des Staatsgerichtshofes Hinweise auf eine Konstruktion einer „intertemporalen Freiheitssicherung“ wie dies das Bundesverfassungsgericht in seinem „Klimabeschluss“ vorgenommen hat.[13] Kern der Überlegung ist, dass vor dem Hintergrund der Klimakrise erforderliche, die Handlungsfreiheit des Menschen einschränkende Massnahmen umso milder ausfallen können, je frühzeitiger sie vorgenommen werden.[14] Angesichts der Tatsache, dass die Handlungsmöglichkeiten des Kleinstaates in der Klimakrise bescheiden sind und gerade der Staatsgerichtshof in seiner Rechtsprechung die Achtung des rechtspolitischen Gestaltungsspielraums des demokratischen Gesetzgebers betont, erscheint eine überzogene Betonung von Schutzpflichten des Staates grundsätzlich problematisch.[15]

Eine auch das Verhältnis zwischen Privaten umfassende sogenannte Drittwirkung der Grundrechte besteht nach der Judikatur nur ausnahmsweise.[16] Allerdings wurde bisher in der Judikatur und Literatur nur unscharf zwischen unmittelbarer und mittelbarer Drittwirkung unterschieden.[17] Als Fall einer indirekten (mittelbaren) Drittwirkung wurde StGH 1995/12[18] identifiziert, wonach es eine Grundrechtsverletzung darstelle, wenn der Staat auf Grund der Unauflöslichkeit der Ehe den Ehegatten die Scheidung und damit auch die Wiederverheiratung auf Dauer verwehre. Der Staatsgerichtshof begründete sein Ergebnis, dass gemäss Art. 38 PGR übermässige privatrechtliche Rechtsbeschränkungen nichtig seien, damit, dass der Gesetzgeber kein Rechtsinstitut schaffen dürfe, das den Einzelnen in einem Ausmass einschränke, das für jeden privatrechtlichen Vertrag die Nichtigkeit zur Folge hätte.[19] Dogmatisch ist zu fragen, ob diese Entscheidung nicht eher die Gewährleistungspflicht des Gesetzgebers anspricht als eine – auch nur mittelbare (indirekte) – Drittwirkung,[20] welche darin besteht, dass Grundrechte im Privatrecht insbesondere über unbestimmte Rechtsbegriffe und Generalklauseln gelten.[21]

Insgesamt lässt sich daher zusammenfassen, dass im Bereich des Schutzes der Geheim- und Privatsphäre ein tatsächlicher Fall einer (un)mittelbaren Drittwirkung in der bisherigen Judikatur des Staatsgerichtshofes bisher nicht anerkannt wurde.[22] Dies schliesst solche Fälle für die Zukunft freilich nicht aus.[23]

Art. 32 LV differenziert im Übrigen nicht zwischen liechtensteinischen Staatsangehörigen und Ausländern. Es handelt sich daher um ein sogenanntes Jedermannsrecht.[24] Inwieweit die verschiedenen Garantien dieser Bestimmung natürliche und juristische Personen gleichermassen betreffen, wird bei den einzelnen Grundrechten behandelt.

C. Schranken (Art. 32 Abs. 2 LV)

Die in Art. 32 LV gewährleisteten Freiheiten stehen gemäss Abs. 2 unter einem formellen Gesetzesvorbehalt, das heisst, das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen, wobei in der Verfassung selbst keine expliziten, also materiellen Schranken formuliert werden.[25] Allerdings judiziert der Staatsgerichtshof, dass ein Eingriff in die Rechte des Art. 32 Abs. 1 LV selbstverständlich nicht nur in den Art. 32 Abs. 2 genannten Fällen (gesetzliche Grundlage für Verhaftung, Fortdauer der Haft, Beschlagnahme ….), sondern allgemein nur unter den allgemeinen Eingriffskriterien zulässig ist.[26] Es gelangen somit nach völlig unbestrittener Literatur und Rechtsprechung vielmehr jeweils jene Eingriffskriterien zur Anwendung, die vom Staatsgerichtshof mit teilweise unterschiedlichen Formulierungen, im Ergebnis aber auf dasselbe hinauslaufend formuliert werden: Ein Eingriff in die Grundrechte erfordert demnach eine gesetzliche Grundlage, der Eingriff muss im öffentlichen Interesse gelegen und verhältnismässig sein und darf nicht in den Kerngehalt des Grundrechts eingreifen.[27] Dies bedeutet, dass sowohl die gesetzliche Grundlage selbst der Durchsetzung eines öffentlichen Interesses dienen und verhältnismässig sein muss, als auch die Gesetzesanwendung im Einzelfall diesen Kriterien entsprechen muss. Zum Kriterium der Verhältnismässigkeit gilt, dass der Eingriff nur dann verhältnismässig sein kann, wenn er auch in dem geübten Masse erforderlich ist.[28] In der Praxis setzt der Staatsgerichtshof den Schutzbereich des betreffenden Grundrechts häufig als tangiert voraus und wendet sich unter Verwendung der spezifischen Grundrechtsformel direkt der Rechtfertigungsprüfung zu.[29]

Die Begründung für die Hinwendung zu einem materiellen Gesetzesvorbehalt ist nicht nur die sonst drohende Entwertung des Inhalts der gewährleisteten Rechte, wenn der einfache Gesetzgeber zu weitläufige Kriterien für Grundrechtseingriffe gelten liesse, sondern auch der Umstand, dass die den Garantien des Art. 32 Abs. 1 LV entsprechenden Grundrechte der EMRK, Art. 5 und 8 EMRK, ebenfalls unter materiellen Gesetzesvorbehalten stehen und daher auch Art. 32 Abs. 2 LV im Lichte dieser Vorbehalte zu interpretieren ist.

Die gesetzliche Grundlage muss von einer Präzision sein, die der Schwere des Grundrechtseingriffs entspricht,[30] selbst dann, wenn es sich nicht um materielles Strafrecht handelt, in welchem ein strenges Legalitätsprinzip gilt.[31] Damit gilt insgesamt ein differenziertes Legalitätsprinzip, bei dem sich das von der Verfassung geforderte Mindestmass der gesetzlichen Bindung der Vollziehung an der Schwere des Grundrechtseingriffs zu orientieren hat.

Jede Einschränkung der Grundrechte, wobei hier in erster Linie der Gesetzgeber adressiert ist, muss deren Kerngehalt wahren.[32] Worin der Kerngehalt der in Art. 32 Abs. 1 explizit formulierten und daraus abgeleiteten Grundrechte liegt, ist schwierig, abstrakt zu bestimmen.[33] Aus der Praxis der Normenkontrolle des Staatsgerichtshofes ergeben sich mangels Beispielsfällen wenig Hinweise auf die Abgrenzung des Begriffs. In StGH 2008/60, Erw. 3.2, führt er selbst aus, dass es kaum eindeutige Kriterien gebe, um den Kerngehalt der einzelnen Grundrechte zu bestimmen.[34]

Der Staatsgerichtshof verwendet den Begriff des Kerngehaltes der Grundrechte auch in Zusammenhang mit einer materiellen Schranke der Verfassungsänderung durch EWR-Recht.[35] Allerdings sind die Kerngehalte der Grundrechte als materielle Schranke der Verfassungsänderung wohl nicht völlig mit dem Kerngehalt eines Grundrechts als Eingriffsschranke gleichzusetzen.[36] Es ist deshalb zu fragen, ob nicht die materiellen Gesetzesvorbehalte in Art. 5 und 8 EMRK bereits ausreichende Massstäbe bilden, um den Kerngehalt der Grundrechte abzugrenzen. Darauf wird in Zusammenhang mit den einzelnen geschützten Grundrechten noch näher eingegangen.

D. Völkerrechtlicher und EWR-rechtlicher Schutz

Die Privat- und Geheimsphäre sowie die persönliche Freiheit wird durch eine Reihe internationaler Übereinkommen abgesichert, wie etwa Art. 5 und 8 EMRK, Art. 9 (Freiheit) und Art. 17 (Privat- und Familienleben) UNO-Pakt II. Dazu kommen Abkommen wie die Kinderrechtskonvention oder die Behindertenrechtskonvention, die besondere Garantien für besonders vulnerable Gruppen enthalten. Darauf wird bei den einzelnen Grundrechten näher eingegangen.

Die im EWR nicht anwendbare Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC)[37] schützt das Recht auf Freiheit und Sicherheit in Art. 6 GRC, das Privat- und Familienleben in Art. 7 GRC und personenbezogene Daten in Art. 8 GRC. Diese Garantien decken sich im Wesentlichen mit jenen der EMRK.

Im EWR gibt es dagegen keinen eigenen Grundrechtskatalog (davon zu unterscheiden sind die Grundfreiheiten, die in der liechtensteinischen Rechtsordnung wie Grundrechte gelten, aber im gegebenen Zusammenhang nicht weiter relevant sind), der EFTA-Gerichtshof orientiert sich indessen an der EMRK, aber auch an der Interpretation von EMRK-Grundrechten durch den EuGH im Lichte der GRC.[38]

III. Die explizit geschützten Grundrechte im Einzelnen

A. Freiheit der Person

1. Sachlicher Schutzbereich

Nach der vom Staatsgerichtshof verwendeten Formel schützt „das Grundrecht auf persönliche Freiheit gemäss Art. 32 Abs. 1 LV – wie auch Art. 8 EMRK – sowohl die körperliche als auch die psychische Integrität der menschlichen Persönlichkeit und ihre elementaren Entfaltungsmöglichkeiten.“ [39]Und weiter: „Ähnlich dem schweizerischen Bundesgericht, jedoch im Gegensatz zum deutschen Bundesverfassungsgericht, interpretiert der Staatsgerichtshof die Freiheit der Person nicht im Sinne des Schutzes einer allgemeinen Handlungsfreiheit.[40] Indessen beinhaltet die Freiheit der Person gemäss Art. 32 Abs. 1 LV ebenso wie Art. 8 EMRK jedenfalls elementare Erscheinungsformen der Persönlichkeitsentfaltung“.[41]

Dieser Schutz der elementaren Erscheinungsformen der Persönlichkeit enthält nach der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes als einen Teilbereich auch die Bewegungsfreiheit, die wiederum zwei Teilgehalte aufweist, nämlich einerseits den Schutz vor Eingrenzung respektive Festhaltung und andererseits den Schutz vor Ausgrenzung. Was den ersten Teilgehalt der Bewegungsfreiheit, die Eingrenzung, anbelangt, wird die persönliche Entfaltung dann beschränkt, wenn eine Eingrenzung auf einen allzu engen Bereich erfolgt. Je kleiner der Bereich ist, innerhalb dessen eine Person sich bewegen kann, desto weniger Möglichkeiten zur selbstgesteuerten Gestaltung des Lebens verbleiben ihr. Bei einer Ausgrenzung ist dieses Problem nach der Rechtsprechung deutlich entschärft, denn den betroffenen Personen verbleiben ungleich grössere Handlungsalternativen. Ausgrenzungen sind demnach nur in Ausnahmefällen geeignet, Leben, Freiheit und die selbstbestimmte Gestaltung des Lebens einzuschränken, und sind damit nur grundrechtsrelevant, wenn den betroffenen Personen keine Handlungsalternative verbleibt.[42]

Die persönliche Freiheit vermittelt dem Einzelnen keinen Anspruch darauf, dass der Staat die wirtschaftlichen Voraussetzungen für seine persönliche Entfaltung schafft oder sicherstellt bzw. von staatlichen Massnahmen absieht, um die materiellen Voraussetzungen für eine Entfaltung der Persönlichkeit zu gewährleisten. Gerät eine Person in eine wirtschaftliche Notlage, so steht ihr ein verfassungsrechtlich verbürgtes Recht auf Existenzhilfe zu.[43]

Der Staatsgerichtshof hat sich in seiner Judikatur noch nicht zur Frage geäussert, inwieweit die „elementare Erscheinungsform der Persönlichkeitsentfaltung“ durch Regelungen betreffend das Verbot der aktiven Sterbehilfe berührt ist.[44] Es besteht aber wohl kein Zweifel, dass der Staatsgerichtshof die Verfassungskonformität solcher Regelungen (auch) mit Blick auf Art. 32 Abs. 1 LV zu prüfen hätte.[45] Der österreichische Verfassungsgerichtshof kreierte in seinem Erkenntnis zur Sterbehilfe in Österreich demgegenüber aus dem Gleichheitsgrundsatz (Art. 2 StGG und Art. 7 Abs. 1 B-VG) ein Grundrecht der „freien Selbstbestimmung“.[46]

Die Einschränkungen der Freiheit der Person müssen sich auch an den materiellen Schranken des Art. 5 Abs. 2 EMRK messen lassen, nämlich, wenn die Person

  • rechtmässig nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht in Haft gehalten wird (lit. a);
  • rechtmässig festgenommen worden ist oder in Haft gehalten wird wegen Nichtbefolgung eines rechtmässigen Gerichtsbeschlusses oder zur Erzwingung der Erfüllung einer durch das Gesetz vorgeschriebenen Verpflichtung (lit. b);
  • rechtmässig festgenommen worden ist oder in Haft gehalten wird zum Zwecke der Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde, sofern hinreichender Verdacht dafür besteht, dass der Betreffende eine strafbare Handlung begangen hat, oder begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, den Betreffenden an der Begehung einer strafbaren Handlung oder an der Flucht nach Begehung einer solchen zu hindern (lit. c);
  • minderjährig ist und sich rechtmässig in Haft befindet, die zum Zwecke überwachter Erziehung angeordnet ist, oder um die rechtmässige Haft eines solchen, die zum Zwecke seiner Vorführung vor die zuständige Behörde verhängt ist (lit. d);
  • sich in rechtmässiger Haft befindet, weil sie eine Gefahrenquelle für die Ausbreitung ansteckender Krankheiten bildet, oder weil sie geisteskrank, Alkoholiker, rauschgiftsüchtig oder Landstreicher ist (lit. e);
  • rechtmässig festgenommen worden ist oder in Haft gehalten wird, um sie daran zu hindern, unberechtigt in das Staatsgebiet einzudringen oder weil sie von einem gegen sie schwebenden Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren betroffen ist (lit. f).[47]

Der EGMR verlangt neben dem Vorliegen der in Art. 5 Abs. 2 EMRK explizit angeführten Gründe, dass darüber hinaus eine gesetzliche Grundlage für den Grundrechtseingriff vorliegt, die Freiheitsentziehung in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Verfahren erfolgt ist und willkürfrei ist.[48] Im Vergleich mit der Judikatur des Staatsgerichtshofes ergibt sich durch diese Praxis indessen keine Lücke, gerade auch, wenn man die Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes zum Willkürverbot in Betracht zieht.

Der Schutz der persönlichen Freiheit ist auch in Art. 9 UNO-Pakt II geregelt, der im Wesentlichen mit Art. 5 EMRK übereinstimmt: Nicht zuletzt deshalb berufen sich Beschwerdeführer vor dem Staatsgerichtshof selten auf diese Garantie, obwohl sie auch in einer Individualbeschwerde geltend gemacht werden könnte (Art. 15 Abs. 2 lit. b StGHG). Dies gilt auch für Art. 37 lit. b der Kinderrechtskonvention, wonach keinem Kind die Freiheit rechtswidrig oder willkürlich entzogen werden darf. Festnahme, Freiheitsentziehung oder Freiheitsstrafe darf bei einem Kind in Einklang mit dem Gesetz nur als letztes Mittel für die kürzest angemessene Zeit angewendet werden. Die lit. c und d treffen ergänzende Regelungen. Auf die Kinderrechtskonvention können sich Beschwerdeführer gemäss Art. 15 Abs. 2 lit. f StGHG in ihrer Individualbeschwerde an den Staatsgerichtshof stützen. Dagegen können sich die Betroffenen auf Garantien über den Schutz der persönlichen Freiheit in anderen als den in Art. 15 Abs. 2 StGHG angeführten völkerrechtlichen Übereinkommen (z.B. Art. 14 der Behindertenrechtskonvention) nicht unmittelbar berufen. Allerdings sind die gesetzlichen Ausführungsbestimmungen (etwa der Bestimmungen über die Unterbringung in Einrichtungen gemäss dem Sozialhilfegesetz) im Lichte dieser Garantien zu interpretieren.

Im Vergleich zu Österreich und der Schweiz ist in Liechtenstein der Schutz der persönlichen Freiheit verhältnismässig knapp geregelt: In Österreich widmet sich das Bundesverfassungsgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit[49] recht detailliert der Garantie der persönlichen Freiheit und geht – etwa beim Verbot der Präventivhaft[50] – über die Vorgaben der in Österreich explizit in Verfassungsrang stehenden EMRK hinaus.[51] Aus diesem Grund erscheint es beispielsweise auch fraglich,[52] ob § 131 Abs. 7 StPO[53] betreffend eine obligatorische Untersuchungshaft in bestimmten Fällen im Lichte des Art. 32 Abs. 1 und 2 LV verfassungswidrig ist, auch wenn der österreichische Verfassungsgerichtshof die gleichlautende Norm des § 173 Abs. 6 öStPO als verfassungswidrig aufgehoben hat.[54]

In der Schweiz findet sich neben der allgemeinen Garantie der Freiheit in Art. 10 Abs. 2 BV[55] eine explizite Regelung über den Freiheitsentzug in Art. 31 BV, in welcher detaillierte Vorgaben über die Voraussetzungen einer solchen Freiheitsentziehung gemacht werden, insbesondere die Information über die Gründe einer Verhaftung oder den Anspruch auf unverzügliche Vorführung vor einen Richter bei Untersuchungshaft.[56]

Dieser im Vergleich zu den Nachbarstaaten eher lückenhafte Schutz in der Garantie der persönlichen Freiheit kann allerdings mit Blick auf Art. 5 EMRK weitgehend geschlossen werden, der sowohl für die Formulierungen in Art. 31 BV[57] als auch im BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit[58] Richtschnur war.

2. Persönlicher Schutzbereich

Hinsichtlich des persönlichen Schutzbereiches gilt, dass sich grundsätzlich nur natürliche Personen auf die Freiheit der Person im engeren Sinne (Schutz vor Freiheitsentziehung) berufen können.[59]

3. Beispielsfälle

Wegweisung

Bei der Wegweisung eines Asylwerbers aus Liechtenstein bejaht der Staatsgerichtshof einen Eingriff in die persönliche Freiheit im Grundsatz.[60]

Bedingte Entlassung aus einer Freiheitsstrafe

In jüngeren Entscheidungen[61] hat der Staatsgerichtshof unter Orientierung an die Rechtsprechung des EGMR[62] klargestellt, dass die Verweigerung der bedingten Entlassung aus der Strafhaft nicht in den Schutzbereich von Art. 32 Abs. 1 LV fällt. Eine freiheitsentziehende Strafe, der sich die verurteilte Person für einen in einer gerichtlichen Entscheidung festgelegten Zeitraum unterziehen muss, sei von vornherein durch die ursprüngliche Verurteilung und das Rechtsmittelverfahren gerechtfertigt.[63]

Wertersatzverfall

Ein angeordneter Wertersatzverfall (siehe etwa § 20 Abs. 3 StGB) greift nicht in den Schutzbereich der persönlichen Freiheit ein.[64] Dasselbe gilt für eine Geldbusse.[65]

Zwangsweise Vorführung

Hingegen erfüllt eine zwangsweise Vorführung, die nach zahlreichen Vorschriften (z.B. Art. 24c PolizeiG) erfolgen kann, dieses Kriterium, mag sie auch zum Zweck der Beurteilung erfolgen, ob der betreffenden Person ein Sachwalter beigestellt werden soll.[66]

Jagd- oder naturschutzrechtlich sowie gesundheitsrechtlich bedingte Betretungsverbote

Nicht tangiert war die persönliche Freiheit durch eine Verordnung über den Wildtierschutz, die bestimmte Bereiche einem Betretungsverbot durch Menschen unterwarf.[67] In StGH 2021/082, Erw. 4.4.6, liess es der Staatsgerichtshof offen, ob durch Betretungsverbote auf Grund der Corona-Pandemie, wie etwa betreffend Restaurants und Veranstaltungsstätten, die persönliche Freiheit tangiert wird und stellte ausdrücklich eine Orientierung an StGH 2012/109 (Betretungsverbot aus Anlass des Wildtierschutzes) in Zweifel.[68] Wenn überhaupt, stelle dies nur einen leichten Eingriff dar.[69]

Gerade vor dem Hintergrund, dass Art. 32 Abs. 1 LV keine allgemeine Handlungsfreiheit schützt, könnte bezweifelt werden, dass die persönliche Freiheit durch Betretungsbeschränkungen allgemeiner Art überhaupt berührt wird. Es stellt sich die Frage, ob es sich bei solchen Fällen nicht „nur“ um einen Aspekt der Freizügigkeit handelt, welche von der EMRK durch ein eigenständiges Grundrecht in Art. 2 4. ZP EMRK geschützt wird.[70] Gemäss Abs. 1 dieser Bestimmung hat jede Person, welche sich rechtmässig im Hoheitsgebiet eines Staates aufhält, das Recht, sich dort frei zu bewegen. Eingriffe in den Schutzbereich stellen staatliche Anordnungen dar, die einer Person den Aufenthalt an einem bestimmten Ort vorschreibt oder ihr verbietet, bestimmte Orte oder Gegenden zu betreten, wobei Eingriffe der ersten Kategorie schwerer wiegen als solche der zweiten.[71]

Indessen könnten Kontaktverbote und Ausgangssperren sehr wohl auch die freie Entfaltung der Persönlichkeit,[72] die ja vom Schutzbereich des Art. 32 Abs. 1 LV erfasst ist, hindern. Auch beim Verbot des Betretens von Kultureinrichtungen wird man dies bejahen können.[73] In diesem Punkt geht der Schutzbereich von Art. 32 Abs. 1 LV eben deutlich über jenen von Art. 5 EMRK hinaus und überschneidet sich teilweise auch mit jenem der Freizügigkeit nach Art. 2 4. ZP EMRK.

4. Regelungen der Freiheitsentziehung in einzelnen Gesetzen

Es gibt, abgesehen vom materiellen Strafrecht, das auch Freiheitsstrafen vorsieht, sowie dem Strafvollzugsrecht zahlreiche Vorschriften, welche die Freiheitsentziehung von Personen regeln. Die folgenden Bestimmungen stellen eine Auswahl dar.

  • §§ 127 bis 132 StPO (Festnahme und Untersuchungshaft):[74] Diese hat nach den Vorgaben des Gesetzes im Regelfall auf Anordnung des Untersuchungsrichters stattzufinden. Ausnahmsweise kann ein Verdächtiger auch durch die Landespolizei festgenommen werden (§ 129 StPO). In diesen Fällen hat die Staatsanwaltschaft längstens innerhalb von 48 Stunden eine Untersuchungshaft zu beantragen. Jeder Festgenommene ist vom Untersuchungsrichter unverzüglich, längstens aber binnen 48 Stunden nach Einlangen des Antrags auf Verhängung der Untersuchungshaft zu vernehmen (§ 130 StPO).
  • § 19 Jugendgerichtsgesetz (Einschränkung der Untersuchungshaft): Diese Bestimmung trifft eine besondere Regelung hinsichtlich der Untersuchungshaft bei Jugendlichen.
  • Art. 117 Abs. 1 LVG (Möglichkeit der Umwandlung der Zwangsstrafe in Haft im Uneinbringlichkeitsfalle)
  • Art. 157 LVG (vorläufige Festnahme und Untersuchungshaft in Verwaltungsstrafsachen): Eine solche darf grundsätzlich nur nach den Bestimmungen der StPO bei Übertretungen stattfinden. Das Gesetz stellt zwar relativ enge Voraussetzungen auf, dennoch stellt sich die Frage, ob eine Untersuchungshaft bei Verwaltungsübertretungen überhaupt verfassungskonform sein kann.
  • Art. 24h Landespolizeigesetz (Polizeigewahrsam): Diese Bestimmung regelt den vorübergehenden Gewahrsam von Personen, wenn dies beispielsweise zum Schutz dieser oder einer anderen Person gegen eine Gefahr für Leib und Leben oder für die Verhinderung oder Beseitigung einer erheblichen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig ist. Der Polizeigewahrsam ist gemäss Art. 24h Abs. 5 Landespolizeigesetz aufzuheben, sobald die Voraussetzungen für die Anordnung weggefallen sind, in jedem Fall spätestens nach 24 Stunden.
  • Art. 29 Rechtshilfegesetz (Auslieferungshaft):[75] Diese darf nur verhängt werden, wenn hinreichende Gründe für die Annahme vorliegen, dass eine Person eine der Auslieferung unterliegende strafbare Handlung begangen habe. Die Bestimmungen über die Untersuchungshaft sind sinngemäss anzuwenden (Art. 29 Abs. 1 RHG). Die Dauer der Haft darf grundsätzlich sechs Monate nicht übersteigen, ausnahmsweise ist eine Verlängerung der Haft bis auf ein Jahr zulässig (Art. 29 Abs. 4 RHG).
  • Art. 58 bis 63 Ausländergesetz (Vorbereitungs- und Ausschaffungshaft): Diese Bestimmungen erlauben eine Freiheitsentziehung im Interesse der Wegweisung eines Ausländers aus Liechtenstein. Sie finden gemäss Art. 27 AsylG auch im Geltungsbereich dieses Gesetzes Anwendung.
  • Art. 18d bis 18t Sozialhilfegesetz (Fürsorgerische Unterbringung und Aufenthalt in Wohn- und Pflegeeinrichtungen): In diesen Bestimmungen ist auch die zwangsweise Unterbringung in einer Einrichtung geregelt, etwa, wenn eine Person an psychischen Störungen leidet. Die entsprechenden Einschränkungen der Bewegungsfreiheit der Patienten stehen unter der Kontrolle des Landgerichts (siehe Art. 18f bis 18l Sozialhilfegesetz).
  • Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in geeigneten Einrichtungen (Art. 25 bis 34 Kinder- und Jugendgesetz): In bestimmten Fällen kann auch die Unterbringung von Kindern und Jugendlichen gegen ihren Willen angeordnet werden. Diese Einschränkungen der Bewegungsfreiheit stehen unter der Kontrolle des Landgerichts (Art. 27, 28 und 34 Kinder- und Jugendgesetz).

B. Schutz des Hausrechts

1. Besonderes zum Schutzbereich

Vom Schutz des Hausrechts, das auch in Art. 8 Abs. 1 EMRK explizit geschützt ist, sind die Wohnung und die Geschäftsräumlichkeiten einer Person umfasst. Eine Beschlagnahme von Gegenständen und Urkunden im Rahmen einer Hausdurchsuchung stellt einen Eingriff in das Hausrecht bzw. in die Privat- und Geheimsphäre dar.[76]

In der Judikatur wird der Schutzbereich des Grundrechts überraschend wenig thematisiert. In den meisten Fällen handelt es sich um die Beschlagnahme von Gegenständen und Urkunden im Rahmen von Durchsuchungen von Geschäftsräumlichkeiten. Insbesondere findet sich keine Judikatur zur Frage, welche Räumlichkeiten überhaupt geschützt sind. Es gilt nach wie vor der Befund von Höfling aus dem Jahr 1994 (!), wonach der Begriff der „Wohnung“ vom Staatsgerichtshof noch nicht konkretisiert wurde.[77] Die Interpretation hat sich somit an jener Definition zu orientieren, die der EGMR zu Art. 8 Abs. 1 EMRK entwickelt hat.[78] Ebenso ist die Rechtsprechung der anderen deutschsprachigen Verfassungsgerichte zum Wohnungsbegriff im Kontext mit der Hausdurchsuchung heranzuziehen.

Man kann daher als Wohnung alle Räume betrachten, in denen sich ein Mensch aufhält und die nicht unbeschränkt allgemein zugänglich sind.[79] Erfasst sind neben Wohn- und Geschäftsräumlichkeiten auch Nebenräume.[80]

Im Gegensatz zur Freiheit der Person können sich beim Schutz des Hausrechts auch juristische Personen auf den Schutz ihrer Privat- und Geheimsphäre berufen.[81] Dies gilt auch für gelöschte juristische Personen, denen der Staatsgerichtshof Prozessfähigkeit zubilligt.[82] Allerdings wird auch eine Unterscheidung zwischen juristischen Personen des Privatrechts und solchen des öffentlichen Rechts vorgenommen: So können etwa Gemeinden die Verletzung der Gemeindeautonomie sowie die Verletzung der verfassungsmässigen Verfahrensgarantien, des Gleichheitssatzes und des Willkürverbots, nicht aber die Verletzung von Freiheitsrechten geltend machen.[83] Insoweit sie öffentliche Aufgaben erfüllen, können sich die Gemeinden nämlich nicht auf die EMRK-Grundrechte berufen.[84] Dies gilt auch für andere Körperschaften des öffentlichen Rechts: Sie können nur dann in Grundrechten verletzt sein, sofern sie wie ein Privater betroffen sind.[85]

2. Praxis

In der Judikatur des Staatsgerichtshofes wurde bisher die Frage, ob der Gegenstand der Durchsuchung ein vom Hausrecht geschützter Bereich darstellt, kaum je thematisiert. In den meisten Fällen handelte es sich neben privaten Gebäuden und Wohnungen um Geschäftsräumlichkeiten,[86] insbesondere Anwalts- und Treuhandkanzleien,[87] aber auch Arztpraxen,[88] in denen zwecks Aufklärung möglicher strafbarer Handlungen Durchsuchungen vorgenommen wurden. Der Staatsgerichtshof prüft auch in diesen Fällen das Vorliegen einer gesetzlichen Grundlage, die Verhältnismässigkeit des Eingriffs und eine allfällige Verletzung des Kerngehalts. So wird beispielsweise geprüft, ob ein hinreichend gegründeter Verdacht i.S. des § 92 Abs. 1 StPO vorliegt, der eine solche Durchsuchung rechtfertigen kann.[89]

Nach der Rechtsprechung des EGMR fällt die Durchsuchung von Geschäftsräumlichkeiten einer freiberuflich tätigen Person in den Schutzbereich der „Wohnung“ nach Art. 8 Abs. 1 EMRK. Bei der Durchsuchung eines Büros eines öffentlichen Bediensteten ist der Eingriff lediglich unter dem Aspekt des Schutzes des Privatlebens zu prüfen.[90]

Dem Gesichtspunkt, dass etwa in Anwaltskanzleien, aber auch in Arztpraxen, häufig überaus sensible Daten vorhanden sind, ist bei der Beurteilung der Verfassungskonformität der Hausdurchsuchung der Verhältnismässigkeit besondere Bedeutung zu schenken. Wichtig ist dabei auch die Anwesenheit unabhängiger Beobachter sowie des Betroffenen selbst, da dieser Kooperation mit der Behörde dazu beitragen kann, dass die Massnahme unter grösstmöglicher Schonung seiner eigenen Privatsphäre und der fremder Personen erfolgt.[91]

Bei der Beantwortung der Frage, welche weiteren „Räumlichkeiten“ dem Schutz des Hausrechts unterliegen könnten, kann auch auf die Judikatur des österreichischen Verfassungsgerichtshofes zurückgegriffen werden, der den Schutz des Hausrechts damit begründet, dass „ein die persönliche Würde und Unabhängigkeit verletzender Eingriff in den Lebenskreis des Wohnungsinhabers, in Dinge, die man im allgemeinen berechtigt und gewohnt ist, dem Einblick Fremder zu entziehen“ hintangehalten werden soll.[92]

Keine Wohnung sind Autos, sofern sie nicht dem „Wohnen“ dienen, wie dies bei einem Wohnmobil der Fall sein kann.[93] Dasselbe wird man bei einem Zelt annehmen müssen: Dient dieses regelmässig dem Wohnen einer Person, ist es von Art. 32 Abs. 1 LV geschützt.

Durch eine behördlich verfügte Betretungsbeschränkung eines Gebäudes, wie etwa von Restaurants, wie dies in Verordnungen während der Corona-Pandemie erfolgte, wird im Übrigen nicht in das Hausrecht eingegriffen, weil dieses nur dann betroffen wäre, wenn ein behördlicher Zugang zu einer Liegenschaft oder Wohnung erzwungen würde oder umgekehrt die Behörde den Zugang zur Wohnung hindert, sofern diese den Lebensmittelpunkt darstellt.[94] Hingegen wird eine Wegweisung bzw. ein Betretungsverbot bei häuslicher Gewalt[95] einen Eingriff in das Hausrecht darstellen können, wenn die vormalige gemeinsame Wohnung den Lebensmittelpunkt des Betreffenden darstellte.

3. Behördliche Betretungsrechte und das Hausrecht

Die Hausdurchsuchung im Rahmen von strafprozessualen Vorschriften ist in den §§ 92 bis 95 StPO geregelt.

Neben diesen Vorschriften gibt es zahlreiche verwaltungsrechtliche Normen, welche das Hausrecht tangieren und beispielhaft wie folgt zu erwähnen sind:

  • Art. 25b Polizeigesetz: Die Landespolizei kann private Räumlichkeiten unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere bei schweren Verdachtslagen, durchsuchen.
  • Art. 29 Abs. 3 Naturschutzgesetz: Bei begründetem Verdacht (und im erforderlichen Ausmass) dürfen Behörden und ihre Erhebungsorgane Grundstücke, Gebäude, Räume und Transportmittel des Auskunftspflichtigen betreten und Behältnisse und Unterlagen einsehen.
  • Art. 87 Abs. 2 Baugesetz: Der Baubehörde steht jederzeit, auch nach dem Bezug, das Recht der Baukontrolle und des Zutritts zu den Bauten, Anlagen und Baustellen zu. Zur Vornahme von Besichtigungen sind alle Teile der Baute oder der Anlage jederzeit zugänglich zu machen.
  • Andere Vorschriften tangieren demgegenüber eher das Eigentumsrecht, wie etwa Art. 33 Bevölkerungsschutzgesetz, der den Behörden und Einsatzkräften das Recht einräumt, Grundstücke zu betreten und zu benutzen oder auf diesen sogar Massnahmen zur Bewältigung von Schadenereignissen anzuordnen.

C. Brief- und Schriftengeheimnis

1. Besonderes zu den Schutzbereichen

Der Staatsgerichtshof verwendet betreffend den Schutz des Brief- und Schriftengeheimnisses keine allgemeine Formel, sondern führt lediglich aus, dass es als Teilgehalt des allgemeinen Schutzes der Privat- und Geheimsphäre betrachtet wird. Der sachliche Schutzbereich der Judikatur ergibt sich demnach aus der Gesamtschau der behandelten Beispielsfälle.

Art. 8 Abs. 1 EMRK schützt explizit auch den Briefverkehr. Der Schutzbereich umfasst sämtliche privaten und nicht-privaten schriftlichen Mitteilungen. Diese müssen nicht zwangsläufig verschlossen sein.[96] Ebenso fallen unter den Begriff des Briefverkehrs Telefongespräche, somit auch die elektronische Kommunikation.[97]

Der sachliche Schutzbereich wird durch die Beschlagnahme von Unterlagen, die eine Person betreffen oder die Nichtgewährung ihrer Ausfolgung berührt.[98] Ebenso wird in den sachlichen Schutzbereich durch die Gewährung von Akteneinsicht (durch eine andere Person) eingegriffen.[99]

Allerdings ist nicht schon jedes persönliche schriftliche Dokument vor staatlichem Zugriff geschützt, vielmehr zielt das Brief- oder Schriftengeheimnis auf den Austausch von vertraulichen Dokumenten.[100]

Wie beim Hausrecht können sich auch hinsichtlich des Brief- und Schriftengeheimnisses juristische Personen auf dieses Grundrecht berufen.

2. Beispielsfälle

Amts- und Rechtshilfe

Fälle der Amts- bzw. auch Rechtshilfe bilden typische Fälle, in welchen sich der Staatsgerichtshof mit der Geheim- und Privatsphäre auseinanderzusetzen hat. Der Staatsgerichtshof betont unter Berufung auf die Rechtsprechung des EGMR den grossen Ermessensspielraum beim Amtshilfeersuchen in Bezug auf Finanzdaten juristischer Personen, wonach den Staaten in Zusammenhang mit vertraulichen Daten juristischer Personen ein grösserer Ermessensspielraum als bei natürlichen Personen zukommt.[101] Dieser Schutz ist aber selbst bei natürlichen Personen reduziert, wenn es sich um rein finanzielle Informationen wie Bankdaten handelt.[102]

Zum öffentlichen Interesse an der Amtshilfe judiziert der Staatsgerichtshof, dass eine enge internationale Kooperation wie bei der Rechtshilfe auch im Amtshilfebereich gerade für einen Kleinstaat wie Liechtenstein und dessen Finanzplatz essenziell ist.[103] Eine solche enge internationale Kooperation dient zudem der Erhaltung und Stärkung der liechtensteinischen Souveränität.[104]

Telefonüberwachung

Bei einer solchen Massnahme handelt es sich immer um einen schweren Eingriff in die Privat- und Geheimsphäre gemäss Art. 32 Abs. 1 LV.[105] Bei solchen schweren Grundrechtseingriffen unternimmt der Staatsgerichtshof sowohl hinsichtlich der gesetzlichen Grundlage, als auch des Übermassverbots eine differenzierte Prüfung.[106] Damit ist gemeint, dass der Staatsgerichtshof sich nicht auf eine blosse Willkürprüfung beschränkt, also lediglich die Vertretbarkeit der Entscheidung prüft, sondern ihre inhaltliche Richtigkeit beurteilt.

Bankgeheimnis

Dem Bankgeheimnis kommt nach der hier vertretenen Auffassung kein eigener Grundrechtscharakter zu.[107] Der Staatsgerichtshof lässt dies in seiner neueren Rechtsprechung offen,[108] während er in älterer Judikatur noch dazu tendierte, dem Bankkundengeheimnis materiellen Verfassungsrang zuzubilligen.[109] In noch älteren Urteilen hatte es dem Bankgeheimnis den Verfassungsrang allerdings explizit abgesprochen.[110]

Das Bankgeheimnis ist einfachgesetzlich abgesichert[111] und vermittelt einen Anspruch der Bankkunden gegenüber der Bank. Insoweit ähnelt es anderen gesetzlich verankerten Verschwiegenheitsverpflichtungen, so wie diese etwa für Ärzte,[112] Angehörige von anderen Gesundheitsberufen,[113] Rechtsanwälte[114] oder Treuhänder[115] verankert ist. Es besteht daher strukturell keine Veranlassung, diese Geheimhaltungspflichten unterschiedlich zu behandeln. Allerdings ist bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit eines staatlichen Eingriffs durchaus zu prüfen, ob es sich um eine Information handelt, die den genannten Vorschriften unterliegt und daher eine solche ist, welcher der Gesetzgeber als besonders sensibel qualifiziert.

Einsichtnahme in Stiftungsurkunden im Rahmen eines Zivilverfahrens

In diesem Fall handelt es sich nicht um den Austausch vertraulicher Mitteilungen. Der Staatsgerichtshof liess offen, ob es sich überhaupt um einen staatlichen Eingriff handelt, wenn die Einsichtnahme in die Urkunden in einem Zivilverfahren thematisiert wird.[116]

IV. Abgeleitete Grundrechte

A. Der Schutz des Privat- und Familienlebens

Aus dem vom Staatsgerichtshof aus Art. 32 Abs. 1 LV abgeleiteten Schutz der Geheim- und Privatsphäre ergibt sich auch der Schutz des Privat- und Familienlebens. Dieses wird ebenfalls von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützt.

1. Sachlicher Schutzbereich

Der sachliche Schutzbereich erweist sich im Wesentlichen als gleichlautend wie Art. 8 EMRK. Dies hat zur Konsequenz, dass die Rechtsprechung des EGMR zum Schutzbereich von Art. 8 EMRK, auf die der Staatsgerichtshof immer wieder rekurriert,[117] auch für Liechtenstein Geltung beanspruchen kann.

Der Schutz des Familienlebens beinhaltet das Recht zum Zusammenleben oder Zusammensein der Eltern oder eines Elternteils mit dem Kind.[118] Durch Ausweisung eines Familienmitglieds wird die Fortsetzung des Familienlebens im ausweisenden Staat verunmöglicht. In solchen Konstellationen ist von einem Eingriff in das geschützte Familienleben auszugehen.[119] Ist es den Familienangehörigen zumutbar, mit der ausgewiesenen Person auszureisen, um das Familienleben im Ausland fortzuführen, liegt dagegen kein Eingriff in das Recht auf Familienleben vor.[120]

Der Schutz des Privatlebens umfasst das Recht auf freie Gestaltung der persönlichen Lebensführung. Hierzu gehören auch das Knüpfen und das Ablehnen zwischenmenschlicher Beziehungen. Art. 8 Abs. 1 EMRK schützt demnach die soziale Identität eines Menschen. Deshalb ist die Gesamtheit der sozialen Beziehungen eines niedergelassenen Ausländers in der Gesellschaft, in der er lebt, als Teil des Privatlebens anzusehen.[121] Unabhängig davon, ob ein Familienleben besteht, gilt die Ausweisung eines Einwanderers, der einen sicheren Platz in der Gemeinschaft gefunden hat, als Eingriff in sein Recht auf Achtung seines Privatlebens.[122]

Ähnlich dem schweizerischen Bundesgericht interpretiert der Staatsgerichtshof den Auffangtatbestand von Art. 32 Abs. 1 LV nicht im Sinne eines Schutzes einer allgemeinen Handlungsfreiheit. Indessen beinhaltet die Freiheit der Person gemäss Art. 32 Abs. 1 LV ebenso wie Art. 8 EMRK jedenfalls elementare Erscheinungsformen der Persönlichkeitsentfaltung.[123] In der schweizerischen Rechtsprechung, an welcher sich der Staatsgerichtshof orientiert, deckt sich der Anspruch auf Privat- und Familienleben nach Art. 13 Abs. 1 BV mit demjenigen von Art. 8 EMRK.[124]

Geschützt sind nicht nur rechtlich gestaltete Familienbeziehungen wie die Ehe oder die eingetragene Partnerschaft, sondern tatsächlich gelebte familiäre Beziehungen. Der Staatsgerichtshof verweist auf den eingebürgerten Begriff der „natürlichen Familie“, der auf ein faktisch bestehendes Familienleben abstellt.[125] Ob es sich um eine familiäre Beziehung i. S. von Art. 8 EMRK handelt, ist nach den näheren tatsächlichen Umständen des Einzelfalles festzustellen. Das Zusammenleben von Lebenspartnern, die mit einer gewissen Dauerhaftigkeit in einer heterosexuellen oder homosexuellen Beziehung verbunden sind, begründet jedenfalls ein durch die Konvention geschütztes Familienleben.[126]

Die menschenrechtliche und verfassungsrechtliche Verpflichtung zur Achtung des Familienlebens gibt Fremden grundsätzlich kein Recht auf Einreise oder Aufenthalt im Staatsgebiet. Dementsprechend hat der Staat einen weiten Ermessensspielraum in Einwanderungsfragen, auch wenn es um den Nachzug von Familienangehörigen geht.[127] Nach der Rechtsprechung des EGMR ergibt sich aus Art. 8 EMRK keine generelle Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Wahl des Familienwohnsitzes durch ein verheiratetes Paar oder sonstige in einer Familienbeziehung lebende Partner zu respektieren und den Zuzug von Familienangehörigen, welche nicht die Staatsangehörigkeit des Vertragsstaates besitzen, zu akzeptieren. Das Recht auf Achtung des Familienlebens umfasst folglich nicht das Recht, das Familienleben am Aufenthaltsort eines beliebigen Familienmitglieds leben zu können.[128] Allerdings sind die Staaten unter dem Gesichtspunkt einer effektiven Achtung des Familienlebens dazu verpflichtet, Einschränkungen in ihrer Gestaltungsfreiheit bei der Regelung des Einwanderungs- und Aufenthaltsrechts hinzunehmen und Familienangehörigen unter Umständen im Lichte von Art. 8 EMRK eine Einreise oder einen Aufenthalt zu gewähren.[129]

Eine Ausweisung von Familienangehörigen ist regelmässig als ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens zu qualifizieren, der den Anforderungen des Art. 8 Abs. 2 EMRK gerecht werden muss; er muss daher einem legitimen Ziel dienen, geeignet und erforderlich sowie insgesamt verhältnismässig sein.[130]

Es ist in der Folge zu prüfen, ob der Eingriff die Voraussetzungen von Art. 8 Abs. 2 EMRK erfüllt, welche den bei Grundrechten der Landesverfassung generell angewandten Eingriffskriterien entsprechen.[131]

Ein Eingriff in das Grundrecht ist entsprechend den allgemeinen Kriterien der sich deckenden Rechtsprechung von EGMR und Staatsgerichtshof nur dann zulässig, wenn eine gesetzliche Grundlage vorliegt, der Eingriff im öffentlichen Interesse liegt, nicht unverhältnismässig ist und auch nicht den Kerngehalt des Grundrechts verletzt.[132] Der Staatsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang ausgesprochen, dass die Muss-Bestimmung im seinerzeitigen Art. 48 Abs. 2 AuG über den Widerruf der Aufenthaltsbewilligung i.S. einer verfassungs- und völkerrechtskonformen Auslegung so zu interpretieren ist, dass sie eine Verhältnismässigkeitsprüfung einschliesst.[133]

Hinsichtlich der Verhältnismässigkeit knüpft der Staatsgerichtshof ebenfalls an die Rechtsprechung des EGMR an, der Fallgruppen entwickelt hat, für die jeweils unterschiedliche Gewichtungen gelten.[134] Eine besondere Fallgruppe innerhalb von Art. 8 Abs. 1 EMRK bildet die Beurteilung der Verhältnismässigkeit von ausländerrechtlichen Massnahmen. Der EGMR wendet einen Kriterienkatalog an, anhand welchem die Verhältnismässigkeit einer Ausweisungsmassnahme im Lichte von Art. 8 Abs. 1 EMRK geprüft wird. In der Art eines beweglichen Systems berücksichtigt der EGMR in der Abwägung folgende Kriterien: Die Natur und Schwere der begangenen Straftaten; die seit Begehung der Straftat vergangene Zeit sowie das Verhalten des Beschwerdeführers in dieser Zeit; die Aufenthaltsdauer im ausweisenden Staat; die Staatsangehörigkeit der unterschiedlichen betroffenen Personen; die familiäre Situation des Beschwerdeführers; die Frage, ob der Partner des Beschwerdeführers von der begangenen Straftat wusste, als er die familiäre Beziehung einging; ob es gemeinsame Kinder gibt und wie alt diese sind; die Schwierigkeiten, mit denen ein Paar im Herkunftsstaat konfrontiert sein könnte.[135] Neben den sogenannten „Boultif-Kriterien“ sind im Übrigen noch zwei weitere Kriterien zu beachten: Das Wohl der Kinder, insbesondere die Ernsthaftigkeit der Probleme, mit denen die Kinder eines Beschwerdeführers im Herkunftsstaat konfrontiert sein würden, und die Festigkeit der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen des Betroffenen an den Aufenthaltsstaat und den Herkunftsstaat.[136]

Diese Kriterien dürfen nicht starr angewendet werden, sondern in Würdigung des Einzelfalles. Das Abstellen auf ein einziges, starres Kriterium – wie beispielsweise den erfüllten Straftatbestand – ist weder mit Art. 32 Abs. 1 LV noch mit Art. 8 EMRK vereinbar.

2. Persönlicher Schutzbereich

Naturgemäss ist der Schutz des Privat- und Familienlebens mit der Existenz natürlicher Personen verbunden. Juristische Personen können sich (nur) insoweit auf den Grundrechtsschutz berufen als dies dem Wesen der juristischen Person entspricht.[137] Gerade in Bezug auf dieses Grundrecht ist eine Einzelfallbetrachtung anzustellen.[138] Der Staatsgerichtshof hat beispielsweise bei juristischen Personen den Schutz des Namens grundsätzlich anerkannt, gelangte aber zur Auffassung, dass das Namen- bzw. Firmenrecht nicht so weit reichen kann wie bei natürlichen Personen.[139]

3. Beispielsfälle

Wegweisung

Durch das Erlöschen der Niederlassungsbewilligung und die darauf basierende Wegweisung wird das Privatleben des Betroffenen tangiert, da die Gesamtheit der sozialen Beziehungen zwischen sesshaften Migranten und der Gemeinschaft, in der sie leben, unter das Privatleben fällt.[140]

Beziehungen zu erwachsenen Kindern fallen dabei nicht unter den Schutzbereich des Familienlebens gemäss Art. 8 EMRK, ausser es wird eine gewisse Abhängigkeit aufgezeigt, die über eine normale Beziehung hinausgeht.[141]

Der EGMR beurteilt Fälle des Familiennachzugs unter dem Aspekt der positiven Verpflichtung auf Achtung des Familienlebens; das betrifft in erster Linie jene Fälle, in denen der Zuzug zu einem im betreffenden Staat niedergelassenen Familienangehörigen begehrt wird, aber auch Situationen, in denen sich das einen Aufenthaltstitel begehrende Familienmitglied bereits im betreffenden Staat befindet, sein Aufenthalt allerdings rechtlich nicht gestattet wurde. Im Rahmen dieser positiven Verpflichtung haben die Vertragsstaaten einen angemessenen Ausgleich zwischen den öffentlichen Interessen an einer Kontrolle der Migration und der Achtung des Familienlebens herzustellen. Dabei geht der EGMR im Grundsatz davon aus, dass die gleichen Prinzipien zur Anwendung kommen, unabhängig davon, ob es sich um einen Eingriff in das Familienleben im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK handelt oder um die positiven Verpflichtungen zur Achtung des Familienlebens. In beiden Fällen muss ein insgesamt fairer Ausgleich zwischen den konkurrierenden Interessen des Einzelnen und der Gemeinschaft angestrebt werden und in beiden Fällen kommt den Staaten ein entsprechender Ermessensspielraum zu.[142]

Überwachung von Privatbesuchen in der Untersuchungshaft

Eine Überwachung der Privatbesuche eines Untersuchungsgefangenen ist ein schwerer Eingriff und dann unverhältnismässig, wenn für eine solche Massnahme kein Grund vorliegt.[143]

4. Gesetzliche Regelungen, die das Privat- und Familienleben tangieren

Vorschriften, welche die Privatsphäre der Menschen tangieren, gibt es unzählige. Zu erwähnen sind beispielhaft die

  • Regelungen von Identitätsfeststellungen (§ 91a) und Personendurchsuchungen (§ 95a StPO) im Rahmen strafprozessualen Vorgehens bzw. der Ausübung polizeilicher Befugnisse (Art. 24 und 25 PolizeiG).
  • Bestimmungen über Wegweisung, Fernhaltung und Betretungsverbote bei häuslicher Gewalt (Art. 24h und 24g PolizeiG)
  • Sämtliche migrationsrechtlichen Vorschriften (insbesondere AusländerG und AsylG).
  • Behördliche Massnahmen in Zusammenhang mit der Sicherung des Wohles von Kindern und Jugendlichen (Art. 19 bis 30 Kinder- und Jugendgesetz).

B. Der Datenschutz

Nach der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes stellt die für den Bereich des Datenschutzes zentrale sogenannte informationelle Integrität bzw. informationelle Selbstbestimmung einen Teilaspekt des Schutzes der Privatsphäre gemäss Art. 32 Abs. 1 LV und Art. 8 EMRK dar.[144]

Der sachliche Schutzbereich des grundrechtlichen Datenschutzes umfasst jeden Umgang mit personenbezogenen Daten, dies ungeachtet der Verfahren der Datenbearbeitung und ungeachtet davon, ob die Datenbearbeitung fallweise erfolgt oder ob die personenbezogenen Daten in einer erschliessbaren Datensammlung bearbeitet werden. Geschützt sind insbesondere die Erhebung, Sammlung, Speicherung, Bearbeitung und Weiter- bzw. Bekanntgabe von Personendaten. Unter personenbezogenen Daten im Sinne der informationellen Selbstbestimmung sind alle Angaben zu verstehen, die sich auf eine bestimmte oder bestimmbare Person beziehen, insbesondere auch personenbezogene Angaben zu wirtschaftlichen Verhältnissen.[145]

Damit kommt dem Datenschutz auch im Gefüge der liechtensteinischen Verfassung Grundrechtscharakter zu, mag es sich auch nicht um ein „eigenständiges, autonomes Grundrecht“[146] handeln. Dies ist gerade auch vor dem Hintergrund relevant, dass auch der EuGH in seiner Rechtsprechung zum Datenschutz weiterhin auf die Judikatur des EGMR zu Art. 8 EMRK verweist und weniger auf die Verbürgung in Art. 8 GRC selbst Bezug nimmt.[147]

Ob sich durch den Charakter des Grundrechts auf Datenschutz als Teil der Privat- und Geheimsphäre des Menschen im Vergleich zu einer Verankerung als „eigenständiges“ Grundrecht ein Defizit ergibt, ist fraglich.[148] Entscheidend ist wohl die Frage, wie der sachliche Schutzbereich abgegrenzt wird. Der Staatsgerichtshof sieht beispielsweise in der Weigerung, eine Negativauskunft zu erteilen, keinen Eingriff in die Privat- und Geheimsphäre, da eben keine Verarbeitung von Daten erfolgt ist.[149] Daran ändert nichts, dass gemäss Art. 15 DSGVO vom Recht auf Auskunft auch eine Negativauskunft umfasst ist, denn die in Liechtenstein auf Grund des EWRA unmittelbar anzuwendende DSGVO hat damit wohl ein auf einfachgesetzlicher Stufe stehendes Recht geschaffen, nicht aber Verfassungsrecht ergänzt.[150] Dem steht nicht entgegen, dass der Staatsgerichtshof die DSGVO konkretisierend zur Auslegung der Reichweite des durch Art. 32 Abs. 1 LV gewährleisteten Grundrechts auf Datenschutz heranzieht.[151]

Im Vergleich mit Österreich ist bemerkenswert, dass das dort in § 1 Datenschutzgesetz bereits lange vor dem Inkrafttreten der DSGVO normierte Grundrecht auf Datenschutz unmittelbare Drittwirkung geniesst.[152] Gerade angesichts der Geltung der DSGVO auch in Liechtenstein ist verfassungspolitisch ein derartiger Bedarf in der LV eher nicht zu erblicken.

Das Grundrecht auf Datenschutz kann zuweilen mit der Freiheit der Meinungsäusserung (Art. 40 zweiter Halbsatz LV; Art. 10 EMRK) konfligieren.[153] In der dann gebotenen[154] Abwägung dieser beiden Grundrechte kann auch das den Datenschutz betreffende Völkerrecht hilfreich sein.[155]

In das Recht auf Datenschutz wird auch durch die Erhebung von Verkehrs- und Standortdaten der Telekommunikation eingegriffen.[156] Die voraussetzungslose Erhebung von Daten auf „Vorrat“, um allfällige Straftaten aufklären zu können, ist besonders kritisch zu sehen.[157] In StGH 2006/19 hat der Staatsgerichtshof allerdings eine rückwirkende Teilnehmeridentifikation auf der Grundlage der strafprozessualen Beschlagnahmebestimmungen für zulässig erachtet.[158] Kritisch zu sehen sind jedenfalls die Bestimmungen der §§ 103 und 104 StPO wegen der Nichtberücksichtigung von Zeugnisverweigerungsrechten bei der elektronischen Kommunikationsüberwachung, wozu sich der Staatsgerichtshof aber noch nicht geäussert hat.[159] Ebenfalls noch keine Judikatur gibt es zur Vorratsdatenspeicherung gemäss Art. 52a KommunikationsG, der grundsätzlich eine weitreichende Speicherung von innerhalb der letzten sechs Monate generierten Daten durch den Provider vorsieht, die Übermittlung allerdings gemäss § 103 Abs. 2 StPO an einen Richtervorbehalt knüpft.[160] Die Verfassungskonformität ist trotz dieses Richtervorbehalts kritisch zu sehen.[161] Der Oberste Gerichtshof hat demgegenüber in einer Entscheidung keine Bedenken gehegt und offenbar keine Veranlassung gesehen, einen Normenkontrollantrag zu stellen.[162]

V. Anspruch auf Entschädigung

Art. 32 Abs. 3 LV vermittelt ein Grundrecht auf Entschädigung. Der persönliche Geltungsbereich erstreckt sich nach dem Wortlaut des ersten Satzes auf „ungesetzlich oder erwiesenermassen unschuldig Verhaftete oder unschuldig Verurteilte“.

Die Entschädigung für eine Verhaftung können demnach Personen geltend machen, die entweder entgegen den Vorschriften der Verfassung oder der Gesetze verhaftet wurden oder die „unschuldig“ sind, weil sie die Tat, wegen der sie verhaftet wurden, erwiesenermassen nicht begangen haben. Eine Entschädigung für eine Verurteilung gebührt Personen, die erwiesenermassen unschuldig sind, nicht nur, wenn sie eine Strafhaft antreten mussten, sondern bei jeder erfolgten Verurteilung.

Da die Tatsache der Unschuld bei einem rechtskräftigen Strafurteil nur dann feststeht, wenn dieses Strafurteil wieder aufgehoben wurde (Wiederaufnahme des Verfahrens gemäss Art. 257 ff. StPO), wird die Entschädigung nur dann in Betracht kommen, wenn das Urteil förmlich aufgehoben wurde. Eine Begnadigung gemäss Art. 12 LV reicht nicht hin.[163]

Bei einer Verhaftung stellt sich die Rechtslage anders dar: Die Tatsache der Rechtswidrigkeit kann im Rahmen einer Beschwerde gegen die Verhaftung festgestellt werden, die Tatsache der Unschuld unter Umständen nicht (wenn beispielsweise die Verhaftung vertretbarerweise wegen eines dringenden, im Weiteren aber nicht bestätigten Tatverdachtes einer schweren Straftat erfolgt ist). Hier kann der Tatbestand, der eine Entschädigung rechtfertigt, bereits durch die blosse Einstellung des Verfahrens verwirklicht werden.

Über das Ausmass der Entschädigung bestimmt die Verfassung, dass es sich um eine volle, vom Staat zu leistende und gerichtlich festzusetzende Entschädigung handelt. Sie wird jedenfalls dem Einzelfall angemessen sein müssen und – wenn sie sachlich gerechtfertigt sein soll – die aufgewendeten Verteidigungskosten sowie den Verdienstentgang und immaterielle Nachteile umfassen müssen.

Einen Anspruch auf Entschädigung kennt auch Art. 5 Abs. 5 EMRK: Jeder, der entgegen den Bestimmungen dieses Artikels (siehe dazu die Art. 5 Abs. 1 bis 4 EMRK) von Festnahme oder Haft betroffen worden ist, hat Anspruch auf Schadenersatz. Das Vorliegen eines staatlichen Verschuldens ist nicht erforderlich.[164] Abzugelten sind sowohl materielle als auch immaterielle Schäden.[165]

Die einfachgesetzliche Umsetzung dieser aus der Verfassung und der EMRK resultierenden Vorgaben findet sich in Art. 14 des Gesetzes über die Amtshaftung.[166] Demnach gebührt eine Entschädigung bei erwiesenermassen unschuldiger Verhaftung und unschuldiger Verurteilung mit der Massgabe, dass die bei der Amtshaftung sonst Voraussetzung bildenden Kriterien der Rechtswidrigkeit und des Verschuldens[167] eines Organs nicht Voraussetzungen der Haftung des öffentlichen Rechtsträgers[168] sind. Verfassungswidrig ist mit Blick auf die nicht zwischen In- und Ausländern differenzierende Regelung des Art. 32 Abs. 3 LV allerdings die Regelung des Art. 5 Abs. 2 des Gesetzes über die Amtshaftung, wonach Ausländern Ersatzansprüche nur insoweit zustehen, als dies durch Staatsverträge bestimmt ist oder insoweit Gegenrecht besteht. Der Oberste Gerichtshof hat dies in einem 2008 entschiedenen Fall[169] zutreffend erkannt, Seine Vorgehensweise, den Entschädigungsanspruch eines Ausländers direkt auf Art. 32 Abs. 3 LV zu stützen,[170] ohne beim Staatsgerichtshof die Aufhebung der verfassungswidrigen Gesetzesstelle zu beantragen, ist allerdings problematisch, weil dadurch eine offenkundig verfassungswidrige Norm weiterhin bestehen bleibt. Im Übrigen bezieht sich der Anspruch auf Entschädigung bei Verfahren, die nicht mit einer Verurteilung enden, auch auf die verhängte Untersuchungshaft.[171]

Auch wenn diese einfachgesetzlichen Bestimmungen den Vorgaben des Art. 32 Abs. 3 LV entsprechen, so bleibt die Kompatibilität mit Art. 5 Abs. 5 EMRK fraglich. Während nämlich die Verfassung und ihr folgend Art. 14 des Gesetzes über die Amtshaftung an die Unschuld des Betroffenen anknüpft, stellt etwa Art. 5 Abs. 1 EMRK auf die Rechtmässigkeit ab. Nun ist ohne Weiteres denkbar, dass auch eine Person, die eine Straftat begangen hat, aus diversen Gründen eben nicht „rechtmässig“ in Haft ist. Insoweit erweist sich Art. 14 des Gesetzes über die Amtshaftung, welche vor dem Inkrafttreten der EMRK für Liechtenstein erlassen wurde, als lückenhaft.

Fussnoten

  1. Siehe dazu auch Höfling, Grundrechtsordnung, S. 21.
  2. Das Hausrecht wurde in Österreich erstmals 1862 mit dem noch heute in Verfassungsrang stehenden Gesetz zum Schutz des Hausrechts geregelt, die allgemeinen Rechte der Staatsbürger erst mit dem Staatsgrundgesetz 1867.
  3. Siehe auch Kley, Entwicklung, S. 21, Rz. 18; Schädler, EMRK, S. 122.
  4. Siehe auch Kley, Entwicklung, S. 24, Rz. 22.
  5. StGH 2018/083, Erw. 3.1
  6. Dazu auch Wille, Grundrechtsauslegung, S. 151.
  7. Dazu Bussjäger/Langer, Einführende Bemerkungen, Rz. 31.
  8. In diesem Sinne auch Beck/Kley, Freiheit, S. 145, Rz. 27.
  9. EGMR Hatton u.a. v. Vereinigtes Königreich, Nr. 36022/97, 08.07.2003; vgl. auch Beck/Kley, Freiheit, S. 145, Rz. 27.
  10. EGMR Schlumpf v. Schweiz, Nr. 29002/06, 08.01.2009.
  11. Siehe dazu auch Calliess/Tauber, Klimaklagen, S. 947.
  12. EGMR Verein Klimaseniorinnen v. Schweiz, Nr. 53600/20, 09.04.2024.
  13. BVerfGE 157, 30 Klimaschutz (= BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 24. März 2021 - 1 BvR 2656/18 -, https://www.bverfg.de/e/rs20210324_1bvr265618.html. Siehe dazu Calliess/Tauber, Klimaklagen, S. 952.
  14. Calliess/Tauber, Klimaklagen, S. 953,
  15. Siehe dazu auch die Erklärung des Ständerates. Urteil des EGMR „Verein Klimaseniorinnen Schweiz u. a. versus Schweiz“, Geschäft 24.053, Amtliches Bulletin Ständerat 2024, S. 454, abrufbar unter: https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/amtliches-bulletin/amtliches-bulletin-die-verhandlungen?SubjectId=64711.
  16. StGH 2021/099, Erw. 3.1, unter Verweis auf StGH 2021/064, Erw. 5.2; StGH 2018/128, Erw. 2.1 jeweils mit weiteren Nachweisen; sowie StGH 2010/049, Erw. 3.
  17. So etwa bei Beck/Kley, Freiheit, S. 144, Rz. 27 ff.
  18. LES 1996, 55.
  19. StGH 1995/12, Erw. 5.1 = LES 1996, 59; Beck/Kley, Freiheit, S. 145, Rz. 24; siehe auch Wille, Verfassungsauslegung, S. 151 f.
  20. Auch Beck/Kley, Freiheit, S. 145, Rz. 27, stellen die Drittwirkung in den Zusammenhang mit staatlichen Gewährleistungspflichten.
  21. Hoch, Meinungsfreiheit, S. 195 (S. 212 f.). In diesem Sinne StGH 2018/074, Erw. 2.2.
  22. Siehe in diesem Zusammenhang auch StGH 2021/099, Erw. 3.1, bezogen auf einen Zivilprozess, in dem sich grundsätzlich gleichwertige grundrechtliche Positionen der Streitparteien gegenüberstehen.
  23. Zum Vergleich mit der Drittwirkung des Grundrechtes auf Datenschutz in Österreich siehe Kapitel III. B.; siehe weiters Beck/Kley, Freiheit, S. 144, Rz. 27.
  24. Allerdings erkennt der Staatsgerichtshof ohnehin Angehörige anderer Staaten als Grundrechtsträger an, soweit es sich nicht um politische Rechte handelt, die für sich auf die Staatsbürgerschaft zugeschnitten sind (dazu näher Bussjäger/Langer, Einführende Bemerkungen, Rz. 25 mit Hinweis auf StGH 2005/65, Erw. 1.1). Beck/Kley, Freiheit der Person, 141, Rz. 20.
  25. Hoch, Eingriffskriterien, S. 186; Höfling, Schranken, S. 97; Bussjäger, Staatsgerichtshof, S. 57.
  26. StGH 1998/47, Erw. 2,2 = LES 2001, 73 (77); siehe auch Beck/Kley, Freiheit, S. 142, Rz. 23. Siehe aber zuvor schon StGH 1997/19, Erw. 3.2 = LES 1998, 269; Hoch, Eingriffskriterien, S. 188. Siehe auch Höfling, Schranken, S. 97 ff.
  27. Siehe Beck/Kley, Freiheit, 142, Rz. 23 unter Verweis auf Höfling, Grundrechtsordnung, S. 116 und StGH 1998/48, Erw. 2.2 = LES 2001, 73 (77); StGH 1997/19, Erw. 3.2 = LES 1998, 269 (273).
  28. Siehe etwa StGH 2016/054, Erw. 3.5 zur Frage der Verhältnismässigkeitsprüfung einer Verordnung.
  29. Wille, Grundrechtsauslegung, S. 155.
  30. StGH 2015/127, Erw. 3.3; StGH 2007/51, Erw. 3.1; Beck/Kley, Freiheit, S. 143, Rz. 43.
  31. StGH 2015/127, Erw. 3.3.
  32. Beck/Kley, Freiheit, S. 143, Rz. 25. StGH 2021/034, Erw. 2.1; StGH 2015/106, Erw. 2.2; StGH 2014/029, Erw. 4.2.
  33. Höfling, Schranken, S. 107, Rz. 48, spricht davon, dass „der normative Direktionsgehalt dieser Kerngehaltsgarantie nicht nur für Liechtenstein, sondern für die Dogmatik des gesamten deutschsprachigen Raums relativ undeutlich (bleibt).“ Beck/Kley, Freiheit, S. 144, Rz. 26.
  34. Dazu auch Höfling, Schranken, S. 107 f., Rz. 49.
  35. Dazu näher Hoch, Grundprinzipien. S 52 ff., mit zahlreichen weiteren Nacheisen.
  36. Hoch, Grundprinzipien, S. 71.
  37. Siehe dazu auch Hammermann, Grundrechte, S. 107 ff.; Hammermann, Mehrebenen, S. 305.
  38. Dazu schon Baudenbacher, EWR, S. 851 ff., Rz. 112 ff.; Hammermann, Mehrebenen, S. 304 ff.
  39. StGH 2021/034, Erw. 2.1; StGH 2017/090, Erw. 3.1; StGH 2014/029, Erw. 4.1; siehe hierzu auch Beck/Kley, Freiheit, S. 134 f., Rz. 7 m. w. N.
  40. Siehe dazu auch Schweizer/Bongionvanni, St. Galler Kommentar zu Art. 10 BV, Rz. 63.
  41. StGH 2020/085, Erw. 2.1; StGH 2013/184, Erw. 5.1; StGH 2012/035, Erw. 4.1.
  42. StGH 2021/082, Erw. 4.4.4; StGH 2012/209, Erw. 3.4.2 ff.
  43. StGH 2004/048, Erw. 2.3; dazu auch Schiess Rütimann, Kommentar zu Art. 25 LV, Rz. 61 m. w. N.
  44. Allerdings ist in Liechtenstein die Regelung des § 78 StGB betreffend die Mitwirkung am Selbstmord deutlich liberaler als die vergleichbare Regelung in § 78 öStGB vor der Aufhebung der betreffenden Bestimmung durch den VfGH war, da sie die Tat lediglich bei Vorliegen „verwerflicher Gründe“ strafbar macht.
  45. In StGH 2018/154 prüfte der Staatsgerichtshof das Verbot der gleichgeschlechtlichen Ehe in Art. 1 EheG in erster Linie, wie vom antragstellenden Verwaltungsgerichtshof geltend gemacht, unter dem Gesichtspunkt der rechtsgleichen Behandlung. Er bezog sich indessen auch auf die Rechtsprechung des EGMR zu diesen Fragen, worin auch Art. 8 EMRK angesprochen wurde (StGH 2018/154, Erw. 3.1). In gleicher Weise wurde das Verbot der Stiefkindadoption durch gleichgeschlechtliche Paare ausschliesslich unter dem Gleichheitsgebot geprüft und in diesem Fall – anders als das Verbot der gleichgeschlechtlichen Ehe – als verfassungswidrig aufgehoben (vgl. StGH 2020/097).
  46. VfSlg 20.433/2019.
  47. Zu alldem näher Grabenwarter/Pabel, EMRK, S. 252 ff., § 21 Rz. 21 ff.
  48. Siehe die Nachweise bei Grabenwarter/Pabel, EMRK, S. 248 ff., § 21 Rz. 14 ff.
  49. BGBl 1988/684.
  50. Berka/Binder/Kneihs, Grundrechte, S. 332.
  51. Dazu näher Hengstschläger/Leeb, Grundrechte, S. 86 ff.;
  52. Vgl. Mayerhöfer, Untersuchungshaft, S. 86 ff.
  53. Die Bestimmung sieht vor, dass, wenn es sich um ein Verbrechen handelt, das mit mindestens 10jähriger Freiheitsstrafe bedroht ist, die Untersuchungshaft verhängt werden muss, es sei denn, dass auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, das Vorliegen aller im Abs. 2 angeführten Haftgründe sei auszuschliessen.
  54. VfGH 01.12.2022, G 53/202.
  55. Dazu näher Schweizer/Bongiovanni, St. Galler Kommentar zu Art. 10 BV, Rz. 60 ff.
  56. Dazu näher Vest, St. Galler Kommentar zu Art. 31 BV; BSK BV-Schürmann, Art. 31 BV.
  57. BSK BV-Schürmann, Art. 31 BV, Rz. 1 und 2.
  58. Berka/Binder/Kneihs, Die Grundrechte, S. 322.
  59. Beck/Kley, Freiheit der Person, S. 141, Rz. 21.
  60. StGH 2021/034, Erw. 2 (im konkreten Fall kein unverhältnismässiger Eingriff trotz vorgebrachter Suizidalität, weil Wegweisung lediglich nach Österreich erfolgt).
  61. StGH 2021/074 und StGH 2021/084.
  62. EGMR, Moiseyenko v. Russland, Nr. 13546/06, 20.09.2016; EGMR Hudec v. Slowakei, Nr. 4123/02, 24.10.2006, § 2; EGMR Szabo v. Schweden, Nr. 28578/03, 27.06.2006, § 2.
  63. StGH 2021/074, Erw. 3.2.1. und StGH 2021/084, Erw. 2.2.1.
  64. StGH 2020/064, Erw. 2.3.
  65. StGH 2020/083, Erw. 5.2.
  66. StGH 2012/158, Erw 2.4.
  67. StGH 2012/209, Erw. 3.4.5: „Die WTSchV schliesst die Freizeitgestaltung nach der Art, wie sie von den Antragstellern angestrebt wird, nicht gänzlich aus. In den Zeiten (Frühjahr, Sommer, Herbst) und auf den Wegen (Wanderwege), auf denen Wanderungen üblicherweise durchgeführt werden, ist dies auch weiterhin zulässig. Ausserhalb der ganzjährigen Schonzonen, nämlich in den Winterruhezonen, die den Grossteil der von der WTSchV betroffenen Flächen ausmachen, ist das Wandern (und sonstiger Freizeitbetrieb wie etwa das Sammeln von Pilzen) auch abseits der Wanderwege in den genannten Jahreszeiten möglich, da die Einschränkung nur im Winter (Mitte Dezember bis Mitte April) greift. Es ergibt sich daraus, dass das von den Antragstellern geforderte Recht, den Wald über die aufgrund der Winterruhe- und Schonzonen bestehenden Einschränkungen hinaus zu betreten, nicht aus dem Anspruch auf elementare Persönlichkeitsentfaltung abgeleitet werden kann. Demnach ist der Schutzbereich der persönlichen Freiheit nicht berührt.“
  68. StGH 2021/082, Erw. 4.4.5.
  69. Damit ist gemeint, dass sich der Staatsgerichtshof in solchen Fällen auf eine Willkürprüfung beschränkt.
  70. LGBl. 2005 Nr. 27. Für Liechtenstein am 8. Februar 2005 in Kraft getreten.
  71. Grabenwarter/Pabel, EMRK, S. 283, § 21 Rz. 76.
  72. Siehe die Ausführungen oben in Kapitel 4.1.
  73. Schiess Rütimann, Gesundheit, S. 19 f. Rz. 39 f.
  74. Zur Regelung des § 131 Abs. 7 StPO siehe Mayerhöfer, Untersuchungshaft, S. 84 ff.
  75. Siehe dazu etwa StGH 2019/053, Erw. 3.
  76. StGH 2021/077, Erw. 2.1 mit Verweis auf StGH 2015/020, Erw. 3.1; StGH 2014/064, Erw. 2.1; StGH 2013/182, Erw. 3.1; vgl. auch Beck/Kley, Freiheit der Person, S. 143, Rz. 24.
  77. Höfling, Grundrechtsordnung, S. 114.
  78. So auch Höfling, Grundrechtsordnung, S. 114. Siehe zur Interpretation des Art. 8 Abs. 1 EMRK in Bezug auf den Schutz der Wohnung Grabenwarter/Pabel, EMRK, S. 308 ff., § 22 Rz. 22 ff.; Bussjäger, Staatsgerichtshof, S. 57.
  79. Höfling, Grundrechtsordnung, S. 114.
  80. Höfling. Grundrechtsordnung, S. 114.
  81. Beck/Kley, Freiheit der Person, S. 141, Rz. 20.
  82. StGH 2008/2 und StGH 2008/118, dazu näher Jehle, Rechtsstellung, S. 39 f.
  83. StGH 2005/7, Erw. 1; dazu auch Bussjäger/Langer, Einführende Bemerkungen, Rz. 27.
  84. StGH 2008/30, Erw. 1.1.
  85. StGH 2011/14, Erw. 2.2.
  86. Siehe etwa StGH 2018/066, Erw. 3.
  87. StGH 2012/157, Erw. 5.4.
  88. StGH 2012/157, Erw. 5.
  89. StGH 2023/062, Erw. 3.2 f.
  90. Grabenwarter/Pabel, EMRK, S. 309, § 22 Rz. 22.
  91. StGH 2012/157, Erw. 5.4.
  92. VfSlg 9525/1982 unter Verweis auf VfSlg 1486/1933 und 5182/1955.
  93. VfSlg 9525/1982. Zur ähnlichen Judikatur des EGMR siehe Grabenwarter/Pabel, EMRK, S. 308, § 22 Rz. 22.
  94. StGH 2021/082, Erw. 4.1.3.
  95. Art. 24g Landespolizeigesetz.
  96. Grabenwarter/Pabel, EMRK, S. 309 f., § 22 Rz. 24 m.w.N.
  97. Grabenwarter/Pabel, EMRK, S. 310, § 22 Rz. 25 m.w.N.
  98. StGH 2018/083, Erw. 3.1.
  99. StGH 2018/068, Erw. 2.1.
  100. StGH 2010/49, Erw. 3 mit Verweis auf StGH 1995/6 Erw. 3.1 = LES 2001, 63 [68] mit Verweis auf StGH 1997/1 Erw. 2 = LES 1998, 201 [204]. Siehe auch Beck/Kley, Freiheit der Person, S. 135, Rz. 9.
  101. StGH 2023/057, Erw. 2.1 unter Bezug auf EGMR, Delta Pekárny A.S. v. Tschechien, Nr. 97/11, 02.10.2014, § 82; EGMR Bernh Larsen Holding AS v. Norwegen, Nr. 24117/08, 14.03.2013, § 159.
  102. EGMR G.S.B. v. Schweiz, Nr. 28601/11, 22.12.2015, § 93; siehe auch EGMR K.S. und M.S. v. Deutschland, Nr. 33696/11, 06.10.2016, § 53.
  103. StGH 2014/058, Erw. 3.3; StGH 2013/182, Erw. 3.3; StGH 2013/11, Erw. 2.
  104. StGH 2021/098, Erw. 3.4.1; StGH 2018/143, Erw. 4.2 StGH 2017/094, Erw. 3.5; siehe auch Hoch, Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 1230 mit Verweisen auf Müller, Völkerrechtsfreundlichkeit, S. 160, und Thürer, Kleinstaat, S. 219.
  105. StGH 2006/19, Erw. 2.1.
  106. StGH 2006/19, Erw. 2.1 mit Verweis auf StGH 1994/18 Erw. 2.3 = LES 1995, 122 (130).
  107. So Beck/Kley, Freiheit der Person, S. 138, Rz. 16 f.
  108. StGH 2018/068, Erw. 2.2 mit ausdrücklichem Verweis auf die Kritik bei Beck/Kley, Freiheit der Person, S. 138 ff., Rz. 16 f.
  109. StGH 2005/50, Erw. 4.8 = LES 2007, 396 (405); vgl. auch Beck/Kley, Freiheit der Person, S. 139, Rz. 17.
  110. StGH 1977/8, Erw. 3a = LES 1981, 48 (51) vgl. auch Beck/Kley, Freiheit der Person, S. 139, Rz. 16.
  111. Art. 14 Bankengesetz.
  112. Art. 18 Ärztegesetz.
  113. Art. 15 Gesundheitsgesetz.
  114. Art. 15 Rechtsanwaltsgesetz.
  115. Art. 21 Treuhändergesetz.
  116. StGH 2010/49, Erw. 3.
  117. Siehe etwa StGH 2017/189, Erw. 3.1; StGH 2016/70, Erw. 9.1; siehe auch Grabenwarter/Pabel, EMRK, S. 304, § 22 Rz. 16 mit Nachweisen zur Judikatur des EGMR.
  118. StGH 2019/064, Erw. 4.2.
  119. StGH 2019/064, ERw. 4.2 mit Verweis auf Grabenwarter/Pabel, EMRK, S. 313, § 22 Rz. 29.
  120. StGH 2019/064, Erw. 4.2 mit Verweis auf Hunziker, Art. 62 AuG, N. 10.
  121. StGH 2019/064, Erw. 4.2 mit Verweis auf Grabenwarter/Pabel, S. 296, § 22 Rz. 6, und S. 301, § 22 Rz. 13.
  122. Der Staatsgerichtshof verweist dazu wiederholt auf die Urteile des EGMR (Grosse Kammer) Üner v. Niederlande, Nr. 46410/99, 18.10.2005; EGMR Boultif v. Schweiz, Nr. 54273/00, 02.08.2001; EGMR Emre v. Schweiz, Nr. 42034/04, 22.05.2008.
  123. Dazu Beck/Kley, Freiheit der Person, S. 134, Rz. 7.
  124. Breitenmoser, St. Galler Kommentar zu Art. 13 BV, Rz. 2; BSK BV-Diggelmann, Art. 13 BV, Rz. 5.
  125. StGH 2017/189, Erw. 3.1,
  126. StGH 2017/189, Erw. 3.2; siehe auch EGMR Schalk and Kopf v. Österreich, Nr. 30141/04, 24.06.2010, §§ 90 ff.; EGMR (Grosse Kammer) Serife Yigit v. Türkei, Nr. 3976/05, 02.11.2010, §§ 93 ff.; EGMR (Grosse Kammer) Vallianatos u.a. v. Griechenland, Nr. 29381/09 und 32684/09, 07.11.2013; zuletzt etwa EGMR Pajic v. Kroatien, 68453/13, 23.02.2016; EGMR Taddeucci und McCall v. Italien, Nr. 51362/09, 30.06.2016.
  127. StGH 2017/189, Erw. 3.2.
  128. StGH 2017/189, Erw 3.2 mit Verweis auf EGMR (Grosse Kammer) Abdulaziz, Cabales und Balkandali v. Vereinigtes Königreich, Nr. 9214/80, 28.05.1985, § 68; EGMR Bouhadef v. Schweiz, 14022/02, 12.11.2002; EGMR Baltaji v. Bulgarien, Nr. 12.919/04, 12.07.2011; EGMR (Grosse Kammer) Jeunesse v. Niederlande, Nr. 12738/10, 03.10.2014.
  129. StGH 2017/189, Erw. 3.2; StGH 2011/155, Erw. 3.1; StGH 2012/190, Erw. 3.1 mit weiteren Nachweisen; aus der Judikatur des EGMR z.B. EGMR Moustaquim v. Belgien, Nr. 12.313/86, 18.02.1991; EGMR Hamidovic v. Bosnien-Herzegovina, Nr. 31956/05, 04.12.2012; EGMR (Grosse Kammer) Jeunesse v. Niederlande, Nr. 12738/10, 03.10.2014; Grabenwarter/Pabel, EMRK, S. 308, § 22 Rz. 20, und S. 353 § 22, Rz. 72 mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung des EGMR.
  130. StGH 2017/189, Erw. 3.3; StGH 2012/176, Erw. 3.4.
  131. StGH 2019/064, Erw. 4.2 mit Verweis auf Hoch, EMRK, S. 112.
  132. StGH 2022/108, Erw. 4.1 und Verweis auf StGH 2019/027 Erw. 2.1 = LES 2019, 128 (130); StGH 2017/123, Erw. 3.1; StGH 2017/057, Erw. 4.1.
  133. StGH 20197064, Erw. 3. Vgl. auch StGH 2019/064, Erw. 4.5.2.
  134. Grabenwarter/Pabel, EMRK, S. 318, § 22 Rz. 38.
  135. StGH 2019/064, Erw. 4.5.2.´mit Verweis auf Hunziker, Art. 63 AuG, N 16; Grabenwarter/Pabel, EMRK, S. 358, § 22 Rz. 77; EGMR, Boultif v. Schweiz, Nr. 54273/00, Urteil 02.08.2001, § 46.
  136. Grabenwarter/Pabel, EMRK, S. 358, § 22, Rz. 77; EGMR (Grosse Kammer) Üner v. Niederlande, Nr. 46410/99, 18.10.2006, § 58.
  137. So schon StGH 1972/1 = ELG 1973–1978, S. 336 (338); StGH 1977/3 = LES 1981, 41 (43).
  138. Siehe zu dieser Einzelfallbetrachtung auch Höfling, Grundrechtsordnung, S. 64 f.
  139. StGH 1998/47 = LES 2001, 73 (77).
  140. StGH 2019/064, Erw. 4.2 mit Verweis auf EGMR, Osman v. Dänemark, Nr. 38058/09, 14.06.2011, § 55.
  141. StGH 2019/064, Erw. 4.2 mit Verweis auf EGMR, Emre v. Schweiz, Nr. 42034/04, 22.05.2008, § 80.
  142. StGH 2017/189, Erw. 3.3 mit Verweis auf EGMR T.C.E. (auch Ejimson genannt) v. Deutschland, Nr. 58681/12, 01.03.2018, § 56; zusammenfassend und mit weiteren Nachweisen Czech, Familienzusammenführung, S. 231 mit weiteren Nachweisen zur Literatur.
  143. StGH 2001/21, Erw. 2.3 = LES 2004, 102 (105).
  144. StGH 2015/026; Erw. 2.1; StGH 2014/107, Erw 3.1; StGH 2013/36, Erw. 3.1; StGH 2011/11, Erw. 2.1 jeweils mit Verweis auf Hoch, Fernmeldedaten, S. 101; dort wiederum mit Verweis auf die Entscheidung der Liechtensteinischen Datenschutzkommission vom 7. April 2008, DSK 2007/1, 9, Erw. 4 sowie rechtsvergleichenden Hinweisen. Siehe auch Gächter, Datenschutz, S. 282.
  145. StGH 2015/026, Erw. 2.1; StGH 2014/107, Erw. 3.1; StGH 2013/36, Erw. 3.1 mit Literaturnachweisen. Siehe auch Gächter, Datenschutz, S. 283; Gächter, Plädoyer, S. 156.
  146. Gächter, Die Konstitutionalisierung, S. 275.
  147. Gächter, Konstitutionalisierung, S. 280 ff. m.w.N.
  148. So aber wohl Gächter, Datenschutz, S. 284.
  149. StGH 2015/026, Erw. 2.2.
  150. Anderer Meinung offenbar Gächter, Datenschutz, S. 283.
  151. Vgl. Gächter, Datenschutz, S. 287.
  152. Berka/Binder/Kneihs, Die Grundrechte, S. 390.
  153. Hoch, Meinungsfreiheit, S. 203, Rz. 10; siehe auch EGMR Satakunnan Markkinapörssi Oy and Satamedia v. Finnland, Nr. 931/13, 27.06.2017, § 198; dazu näher Gächter, Konvention 108+, S. 262.
  154. Siehe dazu Wille, Grundrechtsauslegung, S. 175.
  155. Namentlich das Übereinkommen zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten vom 28.01.1981 (sog. „Konvention 108“), welches für Liechtenstein am 01.09.2004, LGBl. 2004 Nr. 167, in Kraft trat sowie das Protokoll des Europarates zur Änderung des Übereinkommens zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten vom 18.05.2018 (sog. Konvention Nr. 108+) eine Rolle spielen, welches vom liechtensteinischen Landtag am 02.03.2023 angenommen wurde. Dazu näher Gächter, Konvention 108+, S. 257 ff.
  156. Hoch, Fernmeldedaten, S. 102.
  157. Hoch, Fernmeldedaten, S. 102 f.; siehe auch Mittelberger, Vorratsdatenspeicherung, S. 9 ff.
  158. StGH 2006/19, Erw. 2.2.2; dazu auch Hoch, Fernmeldedaten, S. 103.
  159. Hoch, Fernmeldedaten, S. 102.
  160. Siehe Mittelberger, Vorratsdatenspeicherung, S. 10.
  161. Siehe Mittelberger, Vorratsdatenspeicherung, S. 12.
  162. Beschluss vom 05.11.2010, 14 RS.2009.150.
  163. Siehe zum Recht der Begnadigung Bussjäger, Kommentar zu Art. 12 LV, Rz. 63 ff.
  164. Grabenwarter/Pabel, EMRK, S. 280, § 21 Rz. 69.
  165. Grabenwarter/Pabel, EMRK, S. 280, § 21 Rz. 69.
  166. LGBl. 1966 Nr. 24.
  167. Siehe Art. 3 des Gesetzes über die Amtshaftung.
  168. Als öffentliche Rechtsträger gelten gemäss Art. 2 des Gesetzes über die Amtshaftung das Land, die Gemeinden und die sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts.
  169. U vom 01.10.2008, CO.2006.2 = LES 2009, 150.
  170. So im oben angeführten Urteil Erw. 14 (= LES 2009, 152).
  171. Siehe die StGH 2010/030 zugrundegelegene Konstellation, insbesondere die Wiedergabe der Ausführungen des OGH im Sachverhalt Pkt. 3.1.